ELEKTRONISCHE KRIEGSFÜHRUNG - ZURÜCK ZU DEN GRUNDLEGENDEN FÄHIGKEITEN
Die USA befinden sich seit Beginn des Ukraine-Konfliktes 2014 wieder inmitten verstärkter Spannungen mit Russland. Der russische Präsident Wladimir Putin setzt alles daran, Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wieder zu einer militärischen Großmacht zu machen. Russland hat hybride Methoden entwickelt und verfeinert, um in einem Konflikt mit den USA und den alliierten Kräften die Oberhand zu gewinnen. Die teils massive militärische Unterstützung des syrischen Regimes von Präsident Baschar al-Assad, einem alten Alliierten aus Sowjetzeiten, zeigt auf, dass Moskau heute gewillt ist, dem Westen die Stirn zu bieten. Russland hat bei seinem Vorgehen zur Unterstützung der pro-russischen Rebellen in der Ostukraine und bei der Annexion der Krim durch Moskau aufgezeigt, in welcher Weise man konventionelle und unkonventionelle Mittel – unterhalb der Schwelle zu einem offenen Krieg – einsetzt, um seine Ziele zu erreichen. Ein solcher asymmetrischer Hybridkrieg[1] wird gemeinhin meist als unkonventionelle, militärische, nicht-militärische, multimethodische strategische Kriegsführung charakterisiert. Die Festigung der Fähigkeiten etwa des U.S. Army Cyber Command aus Cyber-, Intelligenz-, elektronischen Kriegsführungs- und Signalkräften stellt einen entscheidenden Faktor dar, um sich gegenüber gleichwertigen Herausforderern in künftigen Auseinandersetzungen erfolgreich durchzusetzen. Vor allem zielen die russischen und auch die wachsenden chinesischen Kapazitäten[2] darauf ab, die westlichen Streitkräfte „blind und taub“ durch diverse elektronische Störmanöver zu machen, um die Mobilität der eigenen Truppen möglichst zu hemmen. (Das gilt natürlich genauso umgekehrt.) Speziell China fokussiert sich auf den Ausbau dieser asymmetrischen Hybridtaktik, um Amerika um jeden Preis auf Augenhöhe zu erreichen, zu übertreffen und möglichst zu beherrschen.[3] So gehört es zu den zentralen Aufgaben im Bereich der Elektronischen Kriegsführung des Westens, im Ernstfall die diesbezüglichen feindlichen Attacken bestmöglich zu neutralisieren und gleichzeitig das globale russische Navigationssatellitensystem und das Beidou-Navigationssystem zu stören, bzw. die GPS-Nutzung durch feindliche Kräfte zu verhindern.[4] Zudem werden Wege und Mittel gesucht, um defensive wie offensive Toolsets für die taktische Cyberkriegsanwendung zu verbessern. Dazu gehören etwa Cyber-Artillerie-Sturmangriffe, die vor der eigentlichen Attacke Malware in feindliche elektronische Verteidigungssysteme einschleust und die Kommunikation deaktiviert, um „defensive Aufmerksamkeit“ zu erregen.[5] Insbesondere würden die westlichen Navigationssatelliten des Global Positioning Systems (GPS) von feindlichen Kräften attackiert, um die Gesamtkommunikation zu beeinträchtigen, sodass NATO-Einheiten auf manuelle Mittel des Navigierens zurückgreifen müssten (etwa auf Landkarten und Kompasse). Eine Störung oder gar Unterbrechung des GPS-Netzwerks würde zudem die Fähigkeiten der NATO-Kräfte empfindlich einschränken, was den Einsatz verbundener Waffensysteme wie Artillerie und Luftunterstützung betreffen. Im Kern zielen feindliche Attacken auf eine größtmögliche Außerkraftsetzung der Führungs- und Leitsysteme der NATO ab. Eine der größten Stärken insbesondere etwa des US-Marine Corps, nämlich die Fähigkeit zur Bereitstellung und Integrierung verschiedener unterstützender Waffensysteme, könnte damit nicht zum Tragen kommen. Russland oder China würden im Konfliktfall natürlich versuchen, Einheiten des Marineinfanteriekorps zu lokalisieren und sie durch die Verfolgung elektronischer Emissionen zu erfassen. Wenn durch elektronische Kampfmittel erfolgreich Kommunikationsnetze des Gegners gestört werden können, dann können damit auch Truppenbewegungen verlangsamt werden, da viele Einheiten an Ort und Stelle bleiben würden, bis die Kommunikation wiederhergestellt worden ist. Aus diesem Grunde müssen vor allem auch die Streitkräfte des Westens dafür bestmöglich geschult sein, um auf künftigen Schlachtfeldern etwa Maschinengewehre, Raketenwerfer und Handgranaten als militärische Hauptinstrumente in solchen Worst-Case-Szenarien einzusetzen. Dazu zählt auch eine ausreichende Tarnung. Während die primäre Ausrichtung westlicher moderner Streitkräfte darin besteht, sich auf High-Tech-Lösungen für das sich verändernde operative Umfeld auszurichten, dürfe jedoch nicht vergessen werden, dass grundlegende individuelle Fähigkeiten, wie Tarnung und persönliche Belastbarkeit, es den Soldaten ermöglichen, auch unter schwierigen Bedingungen bestehen zu können. Um einen wesentlichen militärtechnologischen Vorsprung vor den Gegner zu haben, investieren die Großmächte insbesondere in künstliche Intelligenz (KI), maschinelles Lernen sowie in Quantencomputer. Hier sind die USA zwar weiterhin führend, aber dieser Vorsprung schmilzt. Deshalb wird die Zusammenarbeit westlicher Parnter eine immer wichtigere Rolle bei der Bereitstellung von tragfähigen Technologien in diesem Zusammenhang spielen.[6] In diesem Sinne ist das Beherrschen der grundlegenden militärischen Fähigkeiten im mehr oder weniger „vor-digitalen“ Bereich von zentraler Bedeutung, um im Falle von feindlichen Cyberangriffen bzw. -attacken auf dem Gebiet der elektronischen Kriegsführung dennoch erfolgreich bestehen zu können.[7]
Abgeschlossen: 31. Juli 2019 |