UKRAINEUpdate Mitte Jänner 2023
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| Im Berichtszeitraum verharren die ukrainische wie die russische Seite weitgehend in einem Stellungskrieg zwischen den Donbass-Gebieten im Osten und der Region Cherson im Süden. Russische Truppen konzentrieren insbesondere ihre Angriffe auf die strategische wichtigen Frontstädte Bachmut und Soledar im Osten der Ukraine. Die Städte sind und bleiben schwer umkämpft. Unterdessen gehen die gezielten russischen Attacken auf die Energieinfrastruktur der Ukraine weiter. Kiew erhält weiter ungebrochene militärische Unterstützung insbesondere durch die USA. So sollen nun amerikanische PATRIOT-Flugabwehrraketensysteme die ukrainische Verteidigung verbessern. Während die US-Demokraten überwiegend die US-Waffentransfers in die Ukraine unterstützen, mehren sich die kritischen Stimmen insbesondere bei den US-Republikanern. Die ukrainische Regierung in Kiew wirft Russland „Terror“ vor - mit dem Ziel, das Land weiter unter Druck zu setzen. Kiew beschuldigt Kreml-Chef Wladimir Putin, die Menschen so in die Flucht treiben zu wollen und die EU zu destabilisieren. Bei gezielten militärischen Gegenschlägen der ukrainischen Streitkräfte wohl mit Hilfe westlicher Aufklärungstechniken zum Jahreswechsel werden in zwei Frontregionen (einerseits im Donbass und auf der südöstlichen Seite des Flusses Dnipro auf dem von Russland besetzten Teil des Gebiets Cherson) wohl mehrere hundert russische Soldaten getötet. Die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in einem langen Spiegel-Interview[1] ihr politisches Vorgehen gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin insbesondere nach der russischen Annexion der Krim 2014 verteidigt. Merkel engagierte sich damals intensiv darum, die EU nach der Annexion der Krim auf Sanktionskurs gegen Russland zu bringen. Zusammen mit dem früheren US-Präsidenten Barack Obama will sie nach der Annexion der Krim alles versucht haben, um Putin von weiteren Aggressionen abzuschrecken. Merkel betont, sie habe sich während ihrer gesamten Kanzlerschaft mit dem Folgen des Zerfalls der Sowjetunion beschäftigt. 2007 habe der russische Präsident Putin bei einem Besuch in Sotschi gesagt, der Zerfall sei die größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts. Sie wiederum habe erwidert, es sei für sie das größte Glück gewesen, weil sie danach die Freiheit gehabt habe, das zu tun, woran sie Spaß habe. Merkel macht im Rückblick klar, dass sich das Verhältnis zu Putin nach der Annexion der Krim 2014 deutlich verschlechtert habe. „Das war schon ein tiefer Einschnitt“, so die deutsche Altkanzlerin. Merkel verteidigte ab 2015 aber die Ostseepipeline Nord Stream 2, die sie anders als Nord Stream 1 nicht geerbt hatte. Die Gaspipeline Nord Stream 2 galt lange als Projekt, um die Beziehungen zu Russland zu festigen. Dafür hat sich Merkel als Kanzlerin stets stark gemacht. Wie sie heute darüber denkt, gibt Merkel aber nicht direkt bekannt. Sie habe sich aber auch sehr darüber geärgert, dass die USA unter Präsident Joe Biden Sanktionen gegen Unternehmen verhängt hätten, die bei Nord Stream 2 aktiv gewesen seien. Das mache man mit dem Iran, aber nicht mit einem Verbündeten, mit dem man etwa gemeinsam in Afghanistan gekämpft habe, so Merkel. Eine noch vor dem Ukraine-Krieg erzielte Vereinbarung mit den USA sei dann ein „Quantensprung“ gewesen. Damals hatten die USA und Deutschland den Streit über die Pipeline beigelegt. Die USA hatten erklärt, auf weitere Sanktionen zu verzichten. In der Erklärung wurde Russland zudem davor gewarnt, Energie als politische „Waffe“ einzusetzen. In diesem Falle stelle man die Pipeline zur Disposition. Die neue Bundesregierung hatte die Zertifizierung von Nord Stream 2 wegen der Invasion auf Eis gelegt. Dazu gibt Merkel keinen Kommentar ab. Für sie kam der russische Angriffskrieg seit 24. Februar 2022 jedenfalls nicht überraschend. Schließlich ist es laut Merkel „nicht gelungen, eine Sicherheitsarchitektur zu schaffen, die den Ukraine-Krieg hier hätte verhindern können“, so die deutsche Altkanzlerin im Rückblick. Das Minsker Abkommen von 2015 sollte den bewaffneten Konflikt in der Ostukraine beenden, der seit 2014 zwischen Truppen der Regierung in Kiew und prorussischen Separatisten tobte. Dies gelang nicht. Schon damals verteidigte sie, gegen die 2008 von den USA betriebene schnelle Aufnahme der Ukraine in die NATO gewesen zu sein. Diese Aufnahme hätte Putin als Kriegserklärung verstanden. Der frühere NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen kam nach dem russischen Angriff zum gegenteiligen Schluss und bezeichnete die deutsche Opposition gegen einen schnellen ukrainischen NATO-Beitritt als „historischen Fehler“. Merkel aber bleibt auch heute bei ihrer Meinung. Heute plädiert sie für eine Verstärkung der militärischen Abschreckung gegenüber Russland. „Das ist die einzige Sprache, die Putin versteht.“ Könnte aber auch heißen: Wenn Merkel noch im Amt gewesen wäre und kurz vor ihrem Abschied aus dem Kanzleramt noch ein internationales Gipfeltreffen mit Putin über die Ukraine veranstalten hätte können, dann würde die Welt vielleicht jetzt anders aussehen. Der Rest bleibt Spekulation. Trotz entschlossen nach außen demonstrierter Vision einer „Union der Werte der europäischen Demokratie“ ähnelt die EU doch eher einer „Verwaltungsbehörde mit weitreichenden Kompetenzen“. Inzwischen zeigt sich, dass mit der Rückkehr eines positiv konnotierten Nationalismus sich der europäische Kontinent verändert. Die vielen aufbrechenden Widersprüche in Zeiten einer multiplen Krise im Spannungsfeld zwischen EU-Zentralismus und nationalstaatlichen Zugzwängen lassen die von manchen favorisierte Vision eines „europäischen Zentralstaates“ immer mehr verblassen. Hingegen erhält das Europa der Vaterländer, wie es Charles de Gaulle einst beschwor, Auftrieb. |
Nach den ukrainischen Drohnenangriffen auf Militärflughäfen Russlands beriet in Moskau am 6. Dezember 2022 der Nationale Sicherheitsrat, um die ukrainische Bedrohung abzuwehren. „Die vom ukrainischen Regime offen erklärte Linie, solche terroristischen Handlungen fortzusetzen, sei eine Gefahr“, so Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Die russische Armee erhöhte über die Weihnachtsfeiertage ihre Raketenangriffe auf ukrainisches Territorium. Im Osten der Ukraine gingen die Kämpfe im Berichtszeitraum auf dem Boden unterdessen unvermindert weiter. Das ukrainische Militär teilte Anfang Dezember 2022 mit, die Streitkräfte hätten in der Region Donezk in den vergangenen 24 Stunden russische Angriffe auf sieben Ortschaften zurückschlagen können. Dazu gehöre auch die Stadt Bachmut. Der ukrainische Präsidentenberater Olexij Arestowytsch sagte, russische Soldaten hätten versucht, Straßen nach Bachmut von Westen und Nordwesten aus zu blockieren. Der Gouverneur von Donezk, Pawlo Kyrylenko, sagte im ukrainischen Fernsehen, es seien nur noch rund 12.000 Menschen in Bachmut. Vor dem Krieg hatte die Stadt 80.000 Einwohner. Die dortigen Frontverläufe hatten sich im Berichtszeitraum kaum verändert, aber der russische Druck hatte sich erhöht, weil Russland zusätzliche Panzer, gepanzerte Fahrzeuge und Soldaten in die Kampfgebiete verlegte. Der ukrainische Präsident Selenskij bezeichnete die Lage zuletzt als „schmerzhaft und schwierig“.
Russland kauft offenbar erneut hunderte iranische Angriffsdrohnen Russland bestellte offenbar Anfang Dezember 2022 erneut Hunderte Drohnen und ballistische Raketen aus dem Iran. Moskau wolle damit dem akuten Mangel an militärischem Nachschub begegnen, meinten westliche Experten. Es handelte sich um mehrere hundert Geschoße und Hunderte Drohnen. Im Gegenzug dürfte das iranische Regime verstärkt Militärhilfe aus Russland erhalten. Vor dem Hintergrund des wiederholten offenbar auch ukrainischen Beschusses des AKW Saporischschja warf der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu der Ukraine vor, das AKW weiterhin anzugreifen und vorsätzlich „Nuklearterrorismus“ zu betreiben. Russland unternehme alles, um die Sicherheit der Anlage zu gewährleisten, so Schoigu am 6. Dezember 2022. „Im Gegenzug versucht das Kiewer Regime, den Anschein einer Bedrohung durch eine atomare Katastrophe zu erwecken, indem es den Standort weiterhin absichtlich beschießt.“ Allein in den letzten zwei Wochen habe die Ukraine 33 großkalibrige Geschoße auf die Anlage abgefeuert. Die meisten seien von der russischen Luftabwehr abgefangen worden. Einige hätten jedoch „Objekte getroffen“, was sich auf den sicheren Betrieb des AKW auswirke, erklärte Schoigu.[2]
IAEA-Präsenz künftig in allen vier ukrainischen Atomanlagen Nach einem Übereinkommen mit der ukrainischen Seite sollen künftig in allen vier ukrainischen Atomanlagen permanent IAEA-Sicherheitsexperten zur Überwachung stationiert werden.[3] (Bislang überwachte nur im russisch besetzten AKW Saporischschja ständig ein IAEA-Team die Lage.) Indirekt soll die ständige Präsenz von IAEA-Experten dazu führen, künftige militärische Attacken auf die Atomeinrichtungen zu verhindern, die einen nuklearen Unfall auslösen könnten. Die von Russland eingesetzte Verwaltung am besetzten ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja bestätigte am 17. Dezember 2022 den Aufbau eines Schutzschirmes über einer Lagerstelle für Atommüll. Auf Videoaufnahmen war zu sehen, wie Arbeiter in einer Höhe von etwa fünf Metern eine Art durchsichtige Plane über Betonzylindern befestigten. „Zunächst schützt es vor Splittern und improvisierten Sprengsätzen, die von Drohnen abgeworfen werden“, erklärte die russische Seite. Russland stimmte nach eigenen Angaben am 22. Dezember 2022 der Initiative der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA weitgehend zu, eine Sicherheitszone um das Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine zu errichten. Moskau und IAEA-Chef Rafael Grossi seien einander in ihren Positionen zur Sicherheitszone sehr nahegekommen, teilte die russische Atomenergiebehörde Rosatom mit. Die Initiative des IAEA-Chefs sieht vor, dass sich Russland und die Ukraine verpflichten, den Beschuss der Atomanlage einzustellen. Russland soll zugleich schwere Waffen aus dem AKW abziehen, um die Lage zu deeskalieren.
EU erhöht Militärhilfe an die UkraineDie EU stockte ihren Fonds zur Lieferung von Waffen an die Ukraine um zwei Mrd. Euro auf, wie am 12. Dezember 2022 bekannt gegeben wurde. „Die heutige Entscheidung wird sicherstellen, dass wir die Mittel haben, um die Streitkräfte unserer Partner konkret mit militärischer Unterstützung zu beliefern“, so der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.
USA intensivieren die militärische Ausbildung ukrainischer SoldatenDie USA verstärkten indessen ihre Ausbildungsprogramme für ukrainische Soldaten. Die bisher auf den Gebrauch von Waffen ausgerichtete Ausbildung werde durch Manöver ergänzt, hieß es. Die Ausbildung umfasse künftig jeden Monat Einheiten für 400 ukrainische Soldaten - auch als Ergänzung von Programmen der EU und Großbritanniens. Die Übungen sollen auf Schulungsplätzen in Deutschland stattfinden. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums haben die Vereinigten Staaten der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar 2022 mehr als 19 Milliarden US-Dollar Militärhilfe bereitgestellt. Deutschland stellte demgegenüber der Ukraine nach Angaben der deutschen Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) weitere Panzerhaubitzen zur Verfügung. Auch die bisher von der deutschen Regierung blockierte Lieferung von deutschen Kampfpanzern des Typs Leopard 2 stand mittlerweile im Raum. Auf einer internationalen Geberkonferenz für die Ukraine in Paris wurde Kiew parallel dazu eine Milliarde Euro an Winterhilfe versprochen.
„Nord Stream 1“: Kanada führt Sanktionen wieder einKanada verkündete am 14. Dezember 2022 das Ende einer zeitlich begrenzten Sanktionsausnahme für Siemens-Energy-Turbinen der russischen Gaspipeline „Nord Stream 1“. „Kanada traf diese Entscheidung in der Erkenntnis, dass sich die Umstände für die Gewährung der Ausnahmeregelung geändert haben und sie nicht mehr dem beabsichtigten Zweck dient“, hielt die kanadische Außenministerin Melanie Joly und der Minister für natürliche Ressourcen, Jonathan Wilkinson, in einer gemeinsamen Erklärung fest. Die Entscheidung sei in enger Zusammenarbeit mit der Ukraine, Deutschland und anderen europäischen Verbündeten getroffen worden.[4] Die unter der Ostsee verlaufende Pipeline wurde am 31. August 2022 für Reparaturen abgeschaltet, aber anschließend nicht wieder in Betrieb genommen. Im September wurde sowohl „Nord Stream 1“ als auch „Nord Stream 2“ durch Explosionen beschädigt. Nach Ansicht europäischer Regierungen waren die Lecks auf Sabotage zurückzuführen. Russland wies die Anschuldigungen des Westens zurück, selbst die Attacken auf die Pipelines lanciert zu haben.
Medwedew spricht von „hybridem Krieg“ des Westens gegen RusslandRusslands früherer Präsident Dmitri Medwedew drohte auf seinem Telegram-Kanal am 16. Dezember 2022 indirekt mit Angriffen auf NATO-Länder. Streitkräfte und Objekte in Ländern, die offiziell im Krieg mit Russland stünden oder Verbündete des Gegners seien, stellten legitime Ziele für einen Angriff dar, schrieb Medwedew, derzeit der Vizechef des russischen Sicherheitsrates. „Die Führer der NATO-Staaten behaupten einstimmig, dass ihre Länder und die ganze Allianz nicht gegen Russland kämpfen. Aber alle verstehen gut, dass es ganz anders ist“, so Medwedew. Demnach seien neben der politischen Führung und den Streitkräften des Gegners sowie deren Technik auch Objekte militärischer und ziviler Infrastruktur wie Brücken und die Energieversorgung ein legitimes Ziel von Angriffen. Seine Aussagen traf er, während die russischen Streitkräfte mit Raketenschlägen erneut die Stromversorgung der Ukraine lahmlegten. Medwedew warf der NATO vor, Russland schon längst einen „hybriden Krieg“ erklärt zu haben. Die umfangreichen Waffenlieferungen an die Ukraine deutete der Vertraute von Kreml-Chef Putin als Angriff auf Russland. Der russische Präsident Putin warf am 25. Dezember 2022 dem Westen und der ukrainischen Regierung in Kiew vor, Friedensgespräche zu verweigern. „Wir sind bereit, mit allen Beteiligten über akzeptable Lösungen zu verhandeln, aber das liegt an ihnen - nicht wir sind diejenigen, die sich weigern zu verhandeln, sondern sie.“ Putin zeigte sich von seinem Kurs überzeugt. „Ich glaube, dass wir in die richtige Richtung handeln. Wir verteidigen unsere nationalen Interessen, die Interessen unserer Bürger, unseres Volkes. Und wir haben keine andere Wahl, als unsere Bürger zu schützen“, so Putin.
USA stehen vor Lieferung von PATRIOT-Abwehrraketen an die UkraineDas PATRIOT-Abwehrraketensystem („Phased Array Tracking Radar to Intercept on Target“) würde westlichen Militärexperten zufolge einen großen Unterschied für die Ukraine machen. Die Infrastruktur und Bevölkerungszentren würden damit besser gegen zerstörerische russische Luftangriffe geschützt, während sich die Bewegungsfreiheit der ukrainischen Streitkräfte auf dem Boden vergrößern würde. Russland kommentierte die Berichte über die mögliche PATRIOT-Lieferung zwar umgehend, dass man das als „Provokation“ sehen würde und den USA dringend empfehle, „die richtigen Schlussfolgerungen“ aus ihren Warnungen zu ziehen. Doch da PATRIOT ein reines Defensivsystem sei, schien die Drohung Moskaus für die USA offenbar verkraftbar und die Gegenmaßnahmen Russlands kalkulierbar zu sein. Logistische und ausbildungstechnische Hürden würden aber den letztendlichen Einsatz vor Ort durch die ukrainischen Streitkräfte behindern und verzögern. Zudem sei das PATRIOT-System kostenintensiv, argumentierten US-Experten.[5]
Selenskij für globale FriedenskonferenzDer ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij schlug in einem am 18. Dezember 2022 veröffentlichten Video eine globale Friedenskonferenz noch in diesem Winter vor. Selenskij habe gehofft, das Video werde vor Beginn der Übertragung des Finales der Fußballweltmeisterschaft gezeigt, um ein Millionenpublikum zu erreichen. „Der Gipfel soll alle Nationen der Welt für die Sache des globalen Friedens vereinen“, betonte er in der Aufzeichnung. „Die Tribünen der Stadien bleiben nach den Spielen leer, und nach dem Krieg bleiben die Städte leer.“ Die russische Regierung wies den Friedensplan des ukrainischen Präsidenten zurück und forderte die Anerkennung der „neuen Realität“. Dabei verwies der Kreml darauf, dass die vier ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja von Russland annektiert worden seien. Allerdings stand keine der genannten Regionen im Berichtszeitraum vollständig unter Kontrolle der russischen Seite. Selenskij bestand auf die Wiederherstellung der territorialen Einheit der Ukraine und lehnt Gebietsüberlassungen ab.
Stromleitung von Aserbaidschan über Schwarzes Meer in die EU geplantDie EU will zur Energiediversifizierung Strom aus erneuerbaren Energien aus Aserbaidschan erhalten. Dazu soll ein 1.100 Kilometer langes Unterwasserkabel mit einer Leistung von 1.000 Megawatt durch das Schwarze Meer bis nach Rumänien verlaufen. Die Staats- und Regierungschefs von Aserbaidschan, Georgien, Rumänien und Ungarn unterzeichneten am 17. Dezember 2022 im Beisein von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein entsprechendes Abkommen. „Um einen wachsenden Anteil erneuerbarer Energien zu integrieren, brauchen wir in der Tat stärkere Stromverbundnetze. Deshalb ist das Schwarzmeer-Energiekabel zwischen Rumänien, Georgien und Aserbaidschan so wichtig“, sagte von der Leyen. Die EU sei daher bereit, das Projekt abhängig von den Ergebnissen einer Machbarkeitsstudie finanziell zu unterstützen. Es werde dazu beitragen, die Versorgungssicherheit zu stärken, indem es Strom aus erneuerbaren Quellen über Rumänien und Ungarn in die EU bringe. Zudem könne das Schwarzmeer-Kabel Georgien zu einem Stromdrehkreuz machen und es mit dem EU-Binnenmarkt verbinden.
Rohölembargo der EU gegen Russland - Ringen in der EU um weitere SanktionenDie EU und die weltgrößten Industriestaaten setzten mit Anfang Dezember 2022 eine Preisobergrenze für russisches Öl in Kraft. Die EU-Staaten konnten sich allerdings unter anderem wegen Vorbehalten Deutschlands erneut nicht auf einen europäischen Gaspreisdeckel einigen. Die EU verhängte ein Embargo für Rohöl gegen Russland. Die Wirkung der Maßnahmen war und bleibt aber umstritten. So dürften nämlich die Europäer offenbar auch Erdöl von Indien, das in Wahrheit aus Russland importiert wurde, teuer ankaufen.[6] Die russischen Ural-Öl-Lieferungen nach Indien stiegen im November 2022 auf mindestens 3,7 Millionen Tonnen und erreichten einen Rekordanteil von 53,2% der gesamten Verladungen über die Seehäfen. Russland wurde im November zum größten Öllieferanten Indiens und löste damit den Irak ab.[7] Das Embargo betraf einen Importstopp für russisches Öl auf dem Seeweg. Bei russischem Pipeline-Öl gibt es zahlreiche Ausnahmen. Vorerst wurde nur Rohöl sanktioniert. Ab dem 5. Februar wird es auf Erdölprodukte wie Benzin oder Diesel ausgeweitet. Alle 27 EU-Mitgliedstaaten hatten zuvor der Preisobergrenze von 60 Dollar pro Fass für russisches Erdöl zugestimmt, das über den Seeweg transportiert wird. Das sind rund 10 Prozent weniger als der Marktpreis von 67 Dollar für russisches Ural-Öl in den Tagen zuvor. Das Erdöl-Exportkartell Opec+, dem auch Russland angehört, ließ vorerst seine Fördermenge unverändert. Russland drohte allerdings unilateral mit einer Kürzung seiner Produktion. Griechenland, Zypern und Malta, die alle große Öltankerflotten besitzen, fürchteten insbesondere, dass bei ihnen registrierte Tanker ausgeflaggt würden, damit sie nicht mehr europäischer Jurisdiktion unterliegen. Um die Reeder davon abzuschrecken, wurde eine spezielle Klausel vereinbart: Liefert ein Schiff - egal unter welcher Flagge - auch nur einmal Öl zu einem höheren Preis, darf es nie wieder europäische Dienstleistungen in Anspruch nehmen, etwa Versicherungen.[8] Russland kündigte denn auch an, kein Öl zu verkaufen, das einer westlichen Preisobergrenze unterliegt - selbst wenn aus diesem Grund die Produktion gedrosselt werden müsse.
EU einigt sich auf GaspreisdeckelBeim EU-Energieministertreffen am 19. Dezember 2022 wurde nach monatelangem Ringen um einen Gaspreisdeckel eine Einigung erzielt. In der EU sollen die Großhandelspreise für Gas künftig unter bestimmten Umständen gedeckelt werden. Der Deckel kann ab einem Preis von 180 Euro pro Megawattstunde ausgelöst und ab 15. Februar 2023 aktiviert werden, hieß es in dem Beschluss. Österreich hatte sich bei der Abstimmung enthalten. Deutschland stimmte dem Preisdeckel zu.[9] Der Terminkontrakt für im nächsten Monat geliefertes Erdgas muss am niederländischen Referenzmarkt TTF während dreier Arbeitstage 180 Euro pro Megawattstunde überschreiten. Die Kommission hatte zwei Wochen über dem Deckel vorgeschlagen. Der Preis für das pipelinebasierte TTF-Gas muss für dieselben drei Arbeitstage 35 Euro oder höher über einem globalen Marktpreis für verflüssigtes Erdgas (LNG) liegen.[10] Allerdings gilt der Gaspreisdeckel nicht nur für Gas, das im nächsten Monat geliefert wird, sondern auch für solches, das in drei Monaten, und solches, das in einem Jahr fließt. Darüber hinaus sind grundsätzlich nicht mehr nur die TTF-Plattform, sondern alle vergleichbaren Märkte in der EU betroffen. Die Kommission kann aber später einzelne davon wieder ausschließen. Bilateral abgeschlossene Verträge, der sogenannte Over-the-Counter-Handel, sind dagegen weiter nicht betroffen. Ist der Deckel aktiviert, so bleibt er mindestens 20 Tage in Kraft.[11] Russland kritisierte die Entscheidung als „inakzeptabel“. Das sei ein Angriff auf die Preisgestaltung durch den Markt, hieß es von Seiten des Kremls. Putin verbot demgegenüber russische Erdölexporte in Länder mit Preisdeckel.[12]
Putin in Weißrussland - Selenskij (in den USA) erhält definitiv PATRIOT-AbwehrsystemWährend der russische Präsident Putin mit seinem kurzfristig anberaumten Besuch beim weißrussischen Machthaber Alexander Lukaschenko in Minsk seine Partnerschaft und Kooperation - auch in militärischen Angelegenheiten - betonte, reiste sein ukrainischer Konterpart Selenskij in die USA, um für noch mehr Militärhilfe für sein Land zu werben. In einer emotionalen Rede vor dem US-Kongress warb der ukrainische Präsident um noch mehr Unterstützung. Denn jeder amerikanische Dollar sei eine Investition in die globale Sicherheit, betonte er. Er erhielt tosenden Applaus von den Abgeordneten. In diesem Krieg stehe nicht nur die Freiheit und Sicherheit der Ukraine auf dem Spiel. „Dieser Kampf wird darüber entscheiden, in welcher Welt unsere Kinder und Enkelkinder leben werden“, so Selenskij. Es sei eine Ehre, gegen Putins brutalen Krieg an seiner Seite zu stehen, meinte US-Präsident Joe Biden. „Wir werden die Ukraine unterstützen, um einen gerechten Frieden zu erreichen“, so Biden. Selenskij dankte Biden und auch den „einfachen“ amerikanischen Bürgern im Namen aller Ukrainer „von Herzen“ für die bisherige Hilfe. Die Ukraine erhält jedenfalls von den USA nun definitiv das amerikanische PATRIOT-Raketenabwehrsystem. Nach langem Zögern reagieren die USA auf den russischen Raketen- und Drohnenkrieg gegen die zivile Infrastruktur der Ukraine. Bis es einsatzbereit ist, dürfte es allerdings noch Monate dauern, so Experten. Eine Stationierung amerikanischer Soldaten im Kriegsgebiet soll aber laut Washington unbedingt vermieden werden, hieß es. Mit den PATRIOT-Raketen kann die Ukraine signifikante Defizite in ihrer Luftabwehr ausgleichen. Das System kann hoch fliegende ballistische Raketen, Marschflugkörper, Flugzeuge oder Drohnen in einer Entfernung von 35 bis 160 Kilometern treffen. Die Reichweite hängt davon ab, welche Abwehrraketen die USA an die Ukraine liefern werden. Die PATRIOT-Radaranlage kann bis zu fünfzig Ziele erfassen und fünf gleichzeitig bekämpfen. Bis das hochkomplexe Gerät von den ukrainischen Streitkräften selbst bedient und unterhalten werden kann, dürfte allerdings die kälteste Zeit des Winters bereits verstrichen sein. Die voraussichtlich mehrere Monate dauernde Ausbildung soll in einem Drittland erfolgen, nach unbestätigten Berichten in Deutschland. Der Transfer umfasst vorerst lediglich eine einzige PATRIOT-Batterie. Eine solche besteht aus bis zu acht fahrbaren Startrampen mit jeweils vier Abwehrraketen. Indem PATRIOT-Raketen ballistische Raketen und Marschflugkörper abfangen, können sich die übrigen Abwehrsysteme in Zukunft vermehrt auf die iranischen Kamikaze-Drohnen fokussieren. Die US-Streitkräfte verfügen allerdings lediglich über 15 PATRIOT-Bataillone mit je vier Batterien - sogenannten „Fire Units“. Drei dieser Einheiten verlegten die USA bereits im April 2022 nach Polen und in die Slowakei. Auch andere NATO-Partner wie Deutschland, die Niederlande, Griechenland oder Spanien haben PATRIOT-Raketenanlagen in ihren Reihen. Die Niederländer und die Deutschen hatten zudem PATRIOT-Systeme in die Slowakei entsandt. Um die wichtigsten urbanen Zentren und die Infrastrukturen in der Ukraine zu schützen, brauche man „fünf bis zehn PATRIOT-Batterien“, so US-Sicherheitsexperten. Russland erklärte daraufhin, man wolle alle US-Flugabwehrsysteme vom Typ PATRIOT nach deren Lieferung in die Ukraine zerstören. Der russische Präsident Putin kommentierte die Lage so, dass die US-Lieferungen der PATRIOT-Flugabwehrraketen den Konflikt nur verlängern würden. Zugleich bezeichnete er die Waffen als alt und gab sich optimistisch, dass Russland die Flugabwehr überwinden könne. Die PATRIOT-Flugabwehr funktioniere nicht so gut wie die russische S-300, sagte Putin. Russland werde die PATRIOT-Abwehrraketen „knacken“.
Laut Türkei habe Schweden die Voraussetzungen für einen NATO-Beitritt nicht erfülltDie Türkei sah die Voraussetzungen für den geplanten NATO-Beitritt Schwedens nicht erfüllt. Der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu warf der schwedischen Regierung am 22. Dezember 2022 vor, Terroristen nicht ausgeliefert zu haben. Zudem habe Schweden deren Vermögenswerte nicht wie gewünscht eingefroren. Der Oberste Gerichtshof in Schweden hatte zuvor die Auslieferung eines Türken gestoppt, der von der Regierung in Ankara beschuldigt wird, an dem Putschversuch im Jahr 2016 beteiligt gewesen zu sein.
Söldnereinheit „Gruppe Wagner“ in zunehmender Konkurrenz zu regulärer russischer ArmeeLaut Geheimdienstberichten würde die Söldnermiliz „Gruppe Wagner“ künftig immer mehr in direkter Konkurrenz zu den regulären russischen Streitkräften und zu verschiedenen Ministerien stehen. Seit Monaten verlasse sich die russische Armee darauf, dass die Gruppe Wagner Kämpfe in bestimmten Gebieten im Donbass im Osten der Ukraine führt. „In einigen Fällen sind russische Offiziere tatsächlich den Befehlen von Wagner unterworfen“, hieß es. Die Söldnereinheit hat im ukrainischen Krisenbogen rund 50.000 Kämpfer im Einsatz. Davon seien 10.000 Söldner und 40.000 aus russischen Gefängnissen Rekrutierte. Ihr Chef Jewgeni Prigoschin gebe jeden Monat mehr als 100 Millionen US-Dollar (mehr als 94 Millionen Euro) für ihren Einsatz in der Ukraine aus, hielt etwa der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, fest. Allerdings seien die Truppen „schlecht ausgerüstet und schlecht ausgebildet“. Zudem erlitten sie auf dem Schlachtfeld schwere Verluste. Die Gruppe Wagner gilt als Russlands „Schattenarmee“. Den Söldnern werden schwere Verstöße gegen Menschenrechte vorgeworfen, darunter Folter und gezielte Tötungen. Nordkorea hatte nach Angaben der US-Administration Waffen an die russische Söldnergruppe geliefert. Die Lieferung im vergangenen Monat habe Granaten und Raketen umfasst, sagte Kirby am 22. Dezember 2022. Das sei ein Verstoß gegen Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates. Die USA gingen davon aus, dass Nordkorea „erwägt, weitere Ausrüstung zu liefern“. Prigoschin wies dies als reine westliche „Spekulation“ zurück.
Lawrow: Russland will entmilitarisierte Ukraine als EndzielDer russische Außenminister Sergej Lawrow sieht die USA als Hauptschuldigen und zugleich größten Nutznießer des Ukraine-Konflikts. Strategisches Ziel der USA und ihrer Verbündeten in der NATO sei ein „Sieg über Russland auf dem Schlachtfeld“, um Russland zu schwächen oder gar zu vernichten, sagt er in einem Interview der russischen Staatsagentur Tass vom 27. Dezember 2022. Ein vom westlichen Ausland lancierter Umsturzversuch in Moskau sei illusorisch und zöge gefährliche Konsequenzen nach sich, so Lawrow.[13] „Unsere Vorschläge zur Entmilitarisierung und Entnazifizierung der vom Regime kontrollierten Gebiete, zur Beseitigung der von dort ausgehenden Bedrohungen für die Sicherheit Russlands, einschließlich unserer neuen Gebiete, sind dem Feind sehr wohl bekannt“, sagte er. „Der Punkt ist ganz einfach: Erfüllen Sie sie zu Ihrem eigenen Besten. Andernfalls wird die Frage von der russischen Armee beantwortet werden.“ Der russische Außenminister warf der Ukraine zudem vor, die USA und andere NATO-Mitglieder „tiefer in den Strudel des Konflikts zu ziehen - in der Hoffnung, einen überstürzten Zusammenstoß mit der russischen Armee unvermeidlich zu machen“. Lawrow erinnerte in diesem Zusammenhang an den Einschlag einer Rakete Mitte November 2022 in Polen und bezeichnete die ukrainische Reaktion darauf als Provokation. Selenskij habe nämlich versucht, das Geschoß „als russische Rakete auszugeben“. „Es ist gut, dass Washington und Brüssel damals die Weisheit hatten, nicht darauf hereinzufallen.“
China will im Ukraine-Krieg Russlands militärisch neutral bleibenDer chinesische Staatspräsident Xi Jinping erklärte in einer Videokonferenz am 30. Dezember 2022, dass Peking seine politische Neutralität weiter wahren wolle. Dennoch strebe er eine verstärkte militärische Kooperation mit China an. China sei bereit, die strategische Zusammenarbeit mit Russland vor dem Hintergrund einer „schwierigen“ Situation in der Welt insgesamt zu verstärken, sagte Xi. Er betonte erneut die „objektive und faire“ Rolle seines Landes in diesem Konflikt. Peking unterhält auch gute Kontakte zur ukrainischen Regierung in Kiew. Der Weg zu Friedensgesprächen werde holprig, hieß es von chinesischer Seite. China drücke ihre Anerkennung dafür aus, dass es die russische Seite niemals abgelehnt habe, den Konflikt mit diplomatischen Mitteln zu lösen, so Xi weiter. Solange die beiden Länder die USA als Kontrahenten hätten, würden die russisch-chinesischen Interessen zur Begrenzung des US-Einflusses die durchaus bestehenden Divergenzen überwiegen, hieß es von Expertenseite.
Ehemaliger US-Außenminister Henry Kissinger für Friedensverhandlungen der Ukraine mit Russland„Trotz seiner Gewaltbereitschaft hat Russland entscheidend zum globalen Gleichgewicht beigetragen“, schreibt Henry Kissinger in einem Beitrag für den britischen Spectator. Der langjährige US-Diplomat unterstreicht darüber hinaus: Nun sei die Zeit reif für einen Verhandlungsfrieden mit Russland, auch um das Risiko eines verheerenden Weltkriegs zu verringern.[14] „Es ist an der Zeit, auf den bereits vollzogenen strategischen Veränderungen aufzubauen und sie in eine neue Struktur zu integrieren, um Frieden durch Verhandlungen zu erreichen“. Gleichzeitig kritisierte Kissinger eine Russland-feindlichen Haltung, die einige westliche Politiker zurzeit einnähmen würden. „Manche bevorzugen ein Russland, das durch den Krieg ohnmächtig geworden ist. Dem stimme ich nicht zu“. Trotz seiner Neigung zur Gewalt habe Russland über ein halbes Jahrtausend lang entscheidende Beiträge zum globalen Gleichgewicht und zum Gleichgewicht der Kräfte geleistet. Seine historische Rolle sollte nicht herabgewürdigt werden. Die militärischen Rückschläge Russlands haben seine globale nukleare Reichweite nicht beseitigt. Die ukrainische Regierung in Kiew wies die Forderung Kissingers umgehend zurück. Dies sei die „Beschwichtigung des Aggressors“.
Jeweilige Neujahrsbotschaften von Selenskij und Putin vor dem Hintergrund der laufenden militärischen FeindseligkeitenAuch zum Jahreswechsel 2022/2023 rissen die russischen Raketen- und Drohnenangriffe auf Ziele im ganzen Territorium der Ukraine nicht ab. In seiner Videobotschaft zum Jahreswechsel wandte sich der ukrainische Präsident Selenskij direkt an das russische Volk. „Einem terroristischen Staat wird nicht vergeben“, sagte er und betonte: „Denen, die solche Angriffe befehlen, und denen, die sie ausführen, wird nicht verziehen, um es milde auszudrücken“, so der ukrainische Präsident weiter. Auf Russisch erklärte er, dass Russland nicht Krieg mit der NATO führe, „wie Ihre Propagandisten lügen“. Der Krieg sei auch nicht für etwas Historisches. „Der Krieg ist für eine Person, die bis an ihr Lebensende an der Macht bleibt“, betonte er unter direkter Anspielung auf Kreml-Chef Wladimir Putin. „Und was von Ihnen allen übrig bleibt, Bürger Russlands, geht ihn nichts an.“ Putin wolle zeigen, dass er das Militär hinter sich habe und vorne stehe. „Aber er versteckt sich nur“, sagte Selenskij. „Er versteckt sich hinter dem Militär, hinter Raketen, hinter den Mauern seiner Residenzen und Paläste, er versteckt sich hinter euch und verbrennt euer Land und eure Zukunft.“ Niemand werde Russland jemals den Terror verzeihen, sagte Selenskij. „Niemand auf der Welt wird euch das verzeihen. Die Ukraine wird euch niemals vergeben.“ Russland stehe in dem Konflikt „moralisch“ und „historisch“ auf der richtigen Seite, so der russische Präsident Putin. Russland kämpfe in der Ukraine auch dafür, „unser Volk in unseren eigenen historischen Territorien, in den neuen Gebieten der Russischen Föderation zu schützen“, fügte er mit Blick auf die von Moskau für annektiert erklärten ukrainischen Gebiete hinzu. In seiner Neujahrsansprache bezichtigte Putin der damaligen deutschen Kanzlerin Merkel und den früheren französischen Präsidenten François Hollande indirekt auch der Lüge: „Der Westen hat über Frieden gesprochen, während er sich auf einen Angriff vorbereitet hat…Und jetzt gibt er es ohne zu zögern offen zu.“ Für den russischen Präsidenten sei dies der Beweis dafür, dass die EU und die USA die Ukraine missbrauchen, um „Russland zu schwächen und zu spalten“.[15] Bei seinen Vorwürfen bezog sich Putin auf das Minsker Friedensabkommen, das von der deutschen und der französischen Regierung vermittelt und im Februar 2015 von Russland und der Ukraine in der belarussischen Hauptstadt unterzeichnet wurde. Es sah einen Fahrplan zur friedlichen Beilegung des Konflikts in der Ostukraine vor und sollte die Kämpfe im Donbass beenden. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte in einer Neujahrsbotschaft, Russlands Sieg in der Ukraine sei „unausweichlich“.
Erdogan fordert „einseitige Waffenruhe“Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan rief den russischen Staatschef Wladimir Putin am 5. Jänner 2023 dazu auf, eine „einseitige Waffenruhe“ in der Ukraine zu erklären. Während eines Telefongesprächs habe Erdogan gesagt, dass „Aufrufe zu Frieden und Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew von einer einseitigen Waffenruhe und einer Vision für eine faire Lösung“ begleitet werden sollten, erklärte das türkische Präsidialamt. Der Kreml hatte zuletzt erklärt, es werde während der orthodoxen Weihnachtsfeiertage keine Feuerpause geben. Geht es nach Putin müsse die Ukraine zudem Gebietsverluste hinnehmen, bevor es zu Gesprächen zwischen den beiden Ländern kommen kann. Nach dem Gespräch Erdogans mit Putin erklärte der Kreml-Chef dann doch eine Waffenruhe für die orthodoxen Weihnachtsfeiertage. Kiew hingegen schloss sich dem Weihnachtsfrieden nicht an und sprach von einem „Trick“. Zuerst müsse Russland die besetzten ukrainischen Gebiete zurückgeben und abziehen. Dann könne Kiew über einen Waffenstillstand reden, hieß es.
Westen steigert Einsatz im Ukraine-Krieg - Schützenpanzer für UkraineGroßbritannien wolle im Laufe des kommenden Jahres 2023 mehrere hunderttausend Schuss Artilleriemunition im Wert von rund 250 Millionen Pfund (rund 286 Mio. Euro) liefern, verkündete die britische Regierung am 19. Dezember 2022. Damit solle eine kontinuierliche Versorgung der Ukraine sichergestellt werden, hieß es. Bisher hatte Großbritannien nach eigenen Angaben der Ukraine seit Beginn des Krieges mehr als 100.000 Schuss Artilleriemunition sowie mehrere Raketensysteme und kürzlich 125 Flugabwehrgeschütze geliefert. London versteht sich als führender Rüstungsexporteur unter den europäischen Staaten an die Ukraine. Frankreich sagte der Ukraine Anfang Jänner 2023 die Lieferung „leichter Kampfpanzer“ zu. Es ging dabei um den Spähpanzer AMX-10 RC. Deutschland und andere westliche NATO-Länder hatten zuvor Panzer nicht direkt an die Ukraine geliefert, sondern nur über einen Ringtausch: So wurden Polen und der Slowakei Panzer aus eigenen Beständen zur Verfügung gestellt. Diese Länder reichten wiederum ihre eigenen Panzer - meist noch sowjetischer Bauart - an die Ukraine weiter. Deutschland liefert der Ukraine ab 2023 nun Marder-Schützenpanzer und ein Patriot-Raketenabwehrsystem. Die USA gaben parallel dazu die Lieferung von Schützenpanzern der Marke „Bradley“ an die ukrainische Armee grünes Licht. Mit dem Paket, das unter anderem 50 Schützenpanzer und Dutzende weitere gepanzerte Fahrzeuge umfasste, werde die Ukraine in die Lage versetzt, „vorzurücken und Gelände zurückzuerobern“, erklärte die stellvertretende US-Verteidigungsministerin Laura Cooper.[16] Es handle sich um „das größte Paket, das wir bisher zugesagt haben“, sagte sie. Als militärisch bedeutsam galten insbesondere die Bradley-Schützenpanzer, die mit 500 TOW-Panzerabwehrraketen und 250.000 Schuss Munition für ihre Maschinenkanonen geliefert werden sollen. Die Schützenpanzer würden „die Fähigkeit der Ukraine zur Durchführung komplexer Manöver“ weiter stärken, erklärte Cooper. Das gelte insbesondere im Süden und Osten des Landes - und bei fast allen Wetterbedingungen und in fast jedem Gelände. Der russische Botschafter in Washington warf den USA nach der Ankündigung, Schützenpanzer an die Ukraine zu liefern, mangelnden Willen zur Beilegung des Kriegs vor. Damit würde der Krieg nur unnötig verlängert, hieß es.
Abgeschlossen: Mitte Jänner 2023
Anmerkungen: [1] Ein Jahr mit Ex-Kanzlerin Merkel – „Das Gefühl war ganz klar: Machtpolitisch bist du durch“. In: DER SPIEGEL-ONLINE v. 24.11.2022: https://www.spiegel.de/panorama/ein-jahr-mit-ex-kanzlerin-angela-merkel-das-gefuehl-war-ganz-klar-machtpolitisch-bist-du-durch-a-d9799382-909e-49c7-9255-a8aec106ce9c?context=issue [2] Ukraine war: Drone hits Russia oil depot; Moscow accuses Kyiv of 'nuclear terrorism' at Zaporizhzhia. In: EURONEWS-Online v. 6.12.2022: https://www.euronews.com/2022/12/06/ukraine-war-drone-hits-russia-oil-depot-moscow-accuses-kyiv-of-nuclear-terrorism-at-zapori [3] Update 136 – IAEA Director General Statement on Situation in Ukraine. In: IAEA-Press-Center-Online v. 13.12.2022: https://www.iaea.org/newscenter/pressreleases/update-136-iaea-director-general-statement-on-situation-in-ukraine [4] Le Canada annule les exemptions de sanctions pour les turbines de Nord Stream. In: RADIO-CANADA-Online v. 14.12.2022: https://ici.radio-canada.ca/nouvelle/1941416/turbines-gazprom-north-stream-reparation-siemens-montreal [5] Ukraine to get advanced American air defenses. In: Yahoo!News-Online v. 14.12.2022: https://news.yahoo.com/ukraine-to-get-advanced-american-air-defenses-164807603.html?guccounter=1 [6] Schlupfloch entdeckt: Indien verkauft russisches Öl in Europa. In: FOCUS-Online v. 28.6.2022: https://www.focus.de/finanzen/news/schlupfloch-entdeckt-indien-verkauft-russisches-oel-in-europa_id_107990831.html [7] Exklusiv - Russisches Öl unter Preisobergrenze auf Käufermarkt nach Indien verkauft. In: MarketScreener-Online v. 14.12.2022: https://ch.marketscreener.com/boerse-nachrichten/nachrichten/Exklusiv-Russisches-Ol-unter-Preisobergrenze-auf-Kaufermarkt-nach-Indien-verkauft--42545947/ [8] Preisdeckel auf russisches Öl: Die komplizierteste Sanktion. In: FAZ-Online v. 5.10.2022: https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/preisdeckel-auf-russisches-oel-die-komplizierteste-sanktion-18365289.html [9] European Energy Ministers Agree to Emergency Natural-Gas Price Cap. IN: THE WALL STREET JOURNAL-Online v. 19.12.2022: https://www.wsj.com/articles/european-energy-ministers-push-for-natural-gas-price-cap-11671446075 [10] EU energy ministers reach deal on gas price cap. IN: FINANCIAL TIMES-Online v. 19.12.2022: EU energy ministers reach deal on gas price cap | Financial Times (ft.com) [11] EU countries agree gas price cap to contain energy crisis. In: REUTERS.com v. 19.12.2022: EU countries agree gas price cap to contain energy crisis | Reuters [12] Putin verbietet russische Öl-Exporte in Länder mit Preisdeckel. In: HANDELSBLATT-Online v. 27.12.2022: https://www.handelsblatt.com/politik/international/energie-putin-verbietet-russische-oel-exporte-in-laender-mit-preisdeckel/28892316.html [13] Russia Warns U.S. Against Launching 'Decapitation Strike' on Putin. In: THE MOSCOW TIMES-Online v. 27.12.2022: https://www.themoscowtimes.com/2022/12/27/russia-warns-us-against-launching-decapitation-strike-on-putin-a79812 [14] Henry Kissinger, „How to avoid another world war“. In: THE SPECTATOR-Online v. 17.12.2022: https://www.spectator.co.uk/article/the-push-for-peace/ [15] Verbitterte Neujahrsansprache - Putin: Merkel und Hollande haben in Minsk gelogen. In: DIE ZEIT-Online v. 3.1.2023: https://www.n-tv.de/politik/Russland-Verbitterte-Neujahrsansprache-Putin-wirft-Merkel-und-Hollande-Luegen-vor-article23815130.html [16] Pentagon Press Secretary Brigadier General Pat Ryder and Deputy Assistant Secretary of Defense Laura K. Cooper Hold a Press Briefing. In: U.S. Department of Defense-Online v. 6.1.2023: https://www.defense.gov/News/Transcripts/Transcript/Article/3261666/pentagon-press-secretary-brigadier-general-pat-ryder-and-deputy-assistant-secre/
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