BREXIT-Verhandlungen

Update Anfang Jänner 2021

Eine Rekonstruktion der Ereignisse:

Die seit Ende Jänner 2020 gestarteten Verhandlungen um die künftige Zusammenarbeit zwischen Großbritannien und der EU verliefen mehr als harzig und kamen im Zuge der Corona-Pandemie ins Stocken. Gemachte Vereinbarungen und Zugeständnisse Londons an Brüssel schienen im Herbst 2020 aber teilweise nicht mehr zu gelten.

Die britische Regierung von Premierminister Boris Johnson versuchte nach dem Brexit als unabhängiger Akteur auf der Weltbühne aufzutreten. Nach dem EU-Austritt Ende Jänner 2020 war London weniger mit kalkulierter Interessenpolitik als mit kühnen Entscheidungen aufgefallen. Bemerkenswert selbstbewusst trat Großbritannien gegenüber dem autoritären Kurs Chinas auf. Als Reaktion auf das neue Sicherheitsgesetz gegenüber Hongkong ermöglichte London fast drei Millionen Bürgerinnen und Bürgern der ehemaligen britischen Kolonie die Auswanderung nach Großbritannien. Für Ärger in Peking sorgten auch der Entscheid, den Telekom-Giganten Huawei vom Aufbau des britischen 5G-Mobiltelefonnetzes auszuschließen und die scharfe Kritik an den Menschenrechtsverletzungen gegenüber den Uiguren. Anfang des Sommers 2020 führte die britische Regierung zum Ärger des Kremls ein Gesetz zur Schaffung von Magnitski-Sanktionen ein, mit denen London bereits Konten- und Einreisesperren gegen Menschenrechtsverletzer aus Russland, Saudi-Arabien, Burma und Nordkorea verhängt hatte.

Mit Großbritannien hatte die EU einen gewichtigen außenpolitischen Partner verloren. London gehörte zu den lautesten Fürsprechern der Russland-Sanktionen im Nachgang zur Ukraine-Krise. Nun blieb offen, wie eng London noch mit der EU zusammenarbeiten würde. Anfang September 2020 drohte einmal mehr eine „harte ökonomische Trennung“ von der EU, da Johnson offenbar gewillt war, Teile des bereits abgeschlossenen Brexit-Abkommens wieder aufzuschnüren. Dazu zählte vor allem die Nordirland-Regelung. Für Brüssel bedeutete dies einen Vertragsbruch. Die EU pochte auf Vertragstreue. Das sei Voraussetzung dafür, dass das für 2021 anvisierte Handelsabkommen mit Großbritannien zustande komme, betonte die EU-Kommission.

Nach sehr zähen und immer wieder kurz vor dem Abbruch stehenden Nachverhandlungen gelang an Weihnachten 2020 doch noch eine Einigung über die künftigen beiderseitigen Beziehungen. Der Handelspakt kam somit nach monatelangem Ringen eine Woche vor dem Ende der Übergangsfrist zustande. Ein harter wirtschaftlicher Bruch blieb somit der EU und Großbritannien erspart.

Dennoch: „Erledigt“ ist der Brexit damit längst nicht, wie Boris Johnson seinen Wählern dies 2019 versprochen hat. Mit der EU wird Großbritannien auch in Zukunft noch viele konfliktreiche Themen abzuhandeln haben. Bereits 2021 werden auch die „Kollateralschäden“ des Brexits in Nordirland und vor allem in Schottland sichtbar werden, wo die Unabhängigkeitsbestrebungen Auftrieb erhalten dürften.

8. September 2020: Der britische Premierminister Boris Johnson will einen Teil des Brexit-Abkommens nicht mehr akzeptieren und neu verhandeln. Für Brüssel wäre das ein Vertragsbruch. Die harte wirtschaftliche Trennung von der EU nach der Brexit-Übergangsphase wird wahrscheinlicher.

Der Chefjurist Jonathan Jones des britischen Premiers tritt unter Protest zurück. Jones sei mit den geplanten Änderungen am bereits gültigen Brexit-Abkommen nicht einverstanden gewesen. Johnson fordert wesentliche Änderungen am bereits gültigen Brexit-Abkommen. Es isoliere den Landesteil Nordirland von Großbritannien.

Lewis bestätigt im britischen Parlament dabei nicht nur, dass mit dem Gesetzesvorhaben ein Teil des mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Abkommens außer Kraft gesetzt werde. Lewis räumt vielmehr auch ein, dass dadurch internationales Recht verletzt werden würde – wenn auch nur in „sehr begrenztem Maße“.

Inhaltlich geht es um entscheidende Vertragsklauseln zu Nordirland, die von Anfang an umstritten gewesen sind. Sie sollen verhindern, dass zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Staat Irland eine feste Grenze entsteht. Im Austrittsabkommen hatte London akzeptiert, Subventionen für Unternehmen bei der EU anzumelden, sofern sie Geschäfte in Nordirland betreffen.


10. September 2020: Die EU fordert die britische Regierung auf, ihre Pläne für eine Änderung des Brexit-Vertrages zurückzunehmen. Das Vorhaben habe das Vertrauen zwischen beiden Seiten „ernsthaft beschädigt“, erklärt die EU-Kommission. London müsse die entsprechenden Maßnahmen spätestens „bis Ende des Monats“ zurückziehen. Die Behörde verweist dabei darauf, dass die EU auch vor rechtlichen Schritten „nicht zurückschrecken“ werde.

Unterdessen wächst auch bei den britischen Konservativen der Druck auf Premierminister Boris Johnson. Dessen Stellvertreter Michael Gove signalisiere aber nach einem Krisengespräch mit EU-Kommissionsvizepräsident Maroš Šefčovič in London Härte und weist das Ultimatum zurück. Seine Regierung „werde und könne“ das geplante Binnenmarktgesetz nicht zurückziehen, so Gove.


1. Oktober 2020: Das Binnenmarktgesetz – das noch vom britischen Oberhaus behandelt werden muss – wäre ein Verstoß gegen das im Vertrag festgelegte Prinzip des „guten Glaubens“. Darüber hinaus stehe es bei einer endgültigen Annahme „in vollem Widerspruch“ zu den Vereinbarungen zu Nordirland und Irland, sagt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Ein Ultimatum an London, die beanstandeten Klauseln zu entfernen, ist mittlerweile verstrichen.

Die Kommissionspräsidentin kündigt entsprechende rechtliche Schritte an – London bleibt nun ein Monat, um auf ein Schreiben Brüssels zu reagieren. Sollte es zu keiner Einigung kommen, könnte das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) landen. Das Schreiben sei der erste Schritt in einem Vertragsverletzungsverfahren, so die EU-Kommission.

Die EU hat die Pläne des britischen Premierministers Boris Johnson als Vertrauensbruch und Verstoß gegen internationales Recht verurteilt. Die britische Regierung bezeichnet sie hingegen als „Sicherheitsnetz“ für den Fall, dass vor Jahresende kein Handelsvertrag mehr mit der EU gelingt. Sie will damit vertraglich vereinbarte Sonderklauseln für Nordirland aushebeln.

Nordirland soll nach dem Vertrag enger an den EU-Binnenmarkt und die Zollunion gebunden bleiben, was Kontrollen im Güterverkehr mit dem übrigen Vereinigten Königreich nötig macht. London warnt, damit könnte Nordirland abgekoppelt werden. Im Brexit-Vertrag hat Johnson das jedoch akzeptiert.


20. Oktober 2020: Der britische Premierminister Boris Johnson demonstriert im Brexit-Streit mit der EU über eine Handelsvereinbarung weiterhin Härte. Nach einem Telefonat mit dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis lässt er über einen Sprecher mitteilen, dass die Gespräche mit der EU de facto zu Ende seien, da diese nicht bereit sei, ihre Verhandlungsposition zu ändern.

Zuvor hat Johnson gedroht, sollte die EU ihren Ansatz in den Gesprächen nicht noch grundlegend ändern, werde es einen „No Deal“-Brexit geben.

Zum Jahresende endet die Übergangsphase, in der Großbritannien noch freien Zugang zum EU-Binnenmarkt hat und Exporte aus der EU ins Vereinigte Königreich keinen Beschränkungen unterliegen. Sollte kein Handelsvertrag zustande kommen, würden Zölle und Gebühren den Handel schwer belasten.


8. November 2020: Nach dem wahrscheinlichen Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentenwahl in den USA hat der britische Oppositionsführer Keir Starmer die Regierung seines Landes aufgefordert, ihr umstrittenes Binnenmarktgesetz zu entschärfen. „Wir werden bald einen Präsidenten im Oval Office haben, der ein passionierter Vertreter des Karfreitagsabkommens ist“, so der Chef der Labour-Partei.

Mit dem Karfreitagsabkommen wurde 1998 der jahrzehntelange, blutige Nordirland-Konflikt beendet. Der Vereinbarung zufolge soll es keine harte Grenze mit Kontrollposten zwischen Irland und Nordirland geben dürfen. Der gewählte US-Präsident Biden hat irische Wurzeln: Sein Ururgroßvater wanderte aus Irland in die USA aus.


9. November 2020: Das britische Oberhaus erteilt dem umstrittenen Binnenmarktgesetz, mit dem die Regierung den gültigen Brexit-Deal aushebeln will, erneut eine klare Abfuhr. Das House of Lords stimmt in London mit überwältigender Mehrheit gegen die entscheidenden Klauseln, im ersten Votum mit 433 zu 165 Stimmen. Premierminister Boris Johnson muss nun entscheiden, ob er dem Votum der Lords aus dem Oberhaus folgt oder nicht.

Eine erste Abstimmung über das Gesetz im Oktober war ähnlich klar ausgefallen. Mehrere Abgeordnete argumentierten, das Gesetz würde den Frieden in Nordirland gefährden und dem internationalen Ansehen Großbritanniens in der Welt schaden.


3. Dezember 2020: Kurz vor Ende der Brexit-Übergangsphase verklagt die EU-Kommission Großbritannien wegen Verstößen gegen EU-Recht vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Konkret geht es um Geldstrafen wegen „Nichteinhaltung der EU-Vorschriften für gekennzeichneten Kraftstoff“, wie die Behörde in Brüssel mitteilt.

Großbritannien hat die EU im Jänner 2020 verlassen, ist aber bis Ende dieses Monats noch Mitglied im Binnenmarkt und der Zollunion.

Dass Großbritannien gegen die Vorschriften zur steuerlichen Kennzeichnung von Kraftstoffen verstößt, hatte der EuGH schon im Oktober 2018 festgestellt. Stein des Anstoßes ist die Betankung von privat betriebenen Vergnügungsdampfern mit gekennzeichnetem Kraftstoff. Für diesen gelten andere Steuerregeln. Er darf im Regelfall nicht als Kraftstoff verwendet werden.

Da Großbritannien seine Praxis nicht geändert habe, solle der EuGH nun finanzielle Sanktionen verhängen, erklärt die EU-Kommission. Dabei geht es um eine Abschlagssumme für die Zeit bis zum ersten Urteil und Tagessätze für die Zeit danach. Daneben treibt die Kommission zwei weitere Verfahren gegen London voran: eines, weil in Gibraltar die EU-Vorschriften zur Entsorgung von radioaktivem Abfall nicht ordnungsgemäß umgesetzt seien; und ein weiteres, weil noch keine Renovierungsstrategie vorliege.


24. Dezember 2020: Die EU und Großbritannien machen sich nach zähen Nachverhandlungen zu Weihnachten selbst ein Geschenk und erreichen eine Einigung im Brexit-Streit über die künftigen beiderseitigen Beziehungen.

Das Abkommen garantiere faire Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen auf beiden Seiten und sehe auch Zusammenarbeit in Bereichen wie Klimapolitik, Energie und Verkehr vor, so EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Der britische Premierminister Boris Johnson sagt, man habe mit dem Abkommen „die Kontrolle über unser Schicksal“ zurückerlangt. „Wir werden unsere eigenen Standards setzen.“

Ein Blick auf den Inhalt zeigt, wie weit Großbritannien und die EU sich voneinander entfernen werden: Auf den Handel kommen deutliche Hemmnisse zu, die Personenfreizügigkeit fällt. Das Studieren an britischen Universitäten wird für junge Menschen aus der EU künftig teurer und komplizierter.


29. Dezember 2020: EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel unterzeichnen den Brexit-Handelspakt mit Großbritannien. Damit ist aus Brüsseler Sicht die letzte Hürde vor der Anwendung des Vertrags ab 1. Jänner 2021 genommen. Im Lauf des Tages folgen die Zustimmung des britischen Parlaments und der Königin sowie die nötigen Unterschriften in London.

Abgeschlossen: Anfang Jänner 2021


Update Anfang März 2020

Eine Rekonstruktion der vorläufigen Ereignisse (Oktober 2019-März 2020)

Das vor allem auch innenpolitische Gezerre um einen Austritt Großbritanniens aus der EU schien trotz der kühnen Winkelzüge des britischen Premiers Boris Johnson in seinem Bemühen um einen Austritt mit 31. Oktober 2019 in eine neue Runde zu gehen: Die EU gab aufgrund des im britischen Parlament nicht angenommenen und reformierten EU-Austrittsvertrages unter Johnson schließlich grünes Licht für eine Verlängerung der Austrittsfrist bis Ende Jänner 2020. Ein Neuwahlantrag Johnsons wurde zwischenzeitlich Ende Oktober ebenfalls vom britischen Parlament abgelehnt. Schließlich einigte sich das Parlament dann aber doch auf vorgezogene Parlamentswahlen am 12. Dezember. Dabei errang die konservative Partei von Premier Johnson die absolute Mehrheit. Der Brexit befand sich somit in der Zielgeraden. Am 20. Dezember gab das britische Parlament schließlich grünes Licht für den mit Brüssel ausgehandelten Scheidungsvertrag, der in London mehrfach durchgefallen war und den Brexit verzögert hatte. Der Weg für den britischen EU-Austritt Ende Jänner war damit frei. Am 31. Jänner 2020 trat Großbritannien aus der EU aus. Nun beginnt die Auslotung des künftigen beiderseitigen – mehr oder weniger – partnerschaftlichen Verhältnisses. 


28. Oktober 2019: Die EU-Staaten einigen sich auf einen Brexit-Aufschub bis Ende Jänner 2020. Sollte die Ratifizierung des Austrittsabkommens vorher gelingen, ist der britische EU-Austritt demnach auch vor Fristende möglich. Das britische Parlament lehnt einen Neuwahlantrag des britischen Premierministers Boris Johnson vorerst ab.


29. Oktober 2019: Das britische Parlament stimmt schließlich Johnsons Vorstoß für Parlamentswahlen am 12. Dezember 2019 zu. Zweifel und Befürchtungen von Tories und Labour-Abgeordneten werden unter den Teppich gekehrt. Labour-Chef Corbyn ändert somit seine harte Haltung gegen Neuwahlen und lässt stillschweigend auch die Forderung fallen, ein vertragsloser Zustand mit Brüssel müsse auf alle Zeit ausgeschlossen werden.


2. November 2019: Erstmals seit dem schottischen Unabhängigkeitsreferendum im Jahr 2014 nimmt Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon an einer Kundgebung von Befürwortern einer Unabhängigkeit von Großbritannien teil. Die vorgezogene britische Parlamentswahl am 12. Dezember 2019 bezeichnet Sturgeon als „wichtigste Wahl für Schottland in unserem Leben“. „Die Zukunft unseres Landes steht auf dem Spiel“, betont sie. „Uns droht ein katastrophaler Brexit, der Arbeitsplätze kosten und Schottland als Nation schwer beschädigen würde.“ Ein Sieg ihrer Schottischen Nationalpartei (SNP) bei der Abstimmung werde die schottische Position stärken, so Sturgeon. In dem Referendum von 2014 hatten die Schotten die Unabhängigkeit von Großbritannien abgelehnt. Sturgeon plant im kommenden Jahr ein neues Unabhängigkeitsreferendum.


5. November 2019: Die Opposition in Großbritannien wirft der Regierung von Premierminister Boris Johnson vor, einen Bericht über eine mögliche Einmischung Russlands in das Brexit-Referendum 2016 zurückzuhalten. Ein Regierungssprecher weist diese Behauptung zurück. Es gebe keine Beweise, die nahelegten, dass es eine erfolgreiche Einmischung Russlands in britische Wahlen oder Abstimmungen gegeben habe.


6. November 2019: Labour-Chef Jeremy Corbyn möchte innerhalb von sechs Monaten eine neue Brexit-Volksabstimmung abhalten. Das verspricht Corbyn den britischen Wählern. Konkret forciert die in Brexit-Gegner und Brexit-Befürworter gespaltene Labour-Party eine Kompromisslösung: Labour befürwortet zwar bislang den Brexit, möchte Großbritannien allerdings in der EU-Zollunion verbleiben lassen und das Land eng an den EU-Binnenmarkt binden. Wenn das mit der EU arrangiert worden ist, soll es dem Volk in einem Referendum präsentiert werden, zusammen mit der Option auf einen Verbleib in der EU.


8. November 2019: Mit einer Allianz wollen drei europafreundliche britische Parteien bei der kommenden Parlamentswahl Stimmen für einen Verbleib Großbritanniens in der EU sammeln. Liberaldemokraten, Grüne und die walisische Plaid Cymru einigen sich, in 60 Wahlkreisen in England und Wales nicht gegeneinander anzutreten. Sie wollen bei der Abstimmung am 12. Dezember gemeinsam den Pro-EU-Kandidaten unterstützen, dem jeweils die besten Chancen gegen die großen Parteien - die Konservativen und Labour - eingeräumt werden.


12. Dezember 2019: Die Konservative Partei des britischen Premierministers Boris Johnson erringt bei der Parlamentswahl die absolute Mehrheit - ein Erdrutschsieg zeichnet sich ab. Johnson spricht von einem „starken neuen Mandat“ für den Brexit. Damit dürfte sich der Brexit in der Zielgeraden befinden.


20. Dezember 2019: Der Weg für den britischen EU-Austritt Ende Jänner ist frei. Das Unterhaus billigt mehrheitlich den mit Brüssel ausgehandelten Scheidungsvertrag, der in London mehrfach durchgefallen war und den Brexit verzögert hatte.


9. Jänner 2020: Das britische Unterhaus nimmt das Gesetz zum Austritt Großbritanniens aus der EU an. 330 Abgeordnete stimmen dafür, 231 gegen den das Gesetz, das den Austritt regelt. Es wird erwartet, dass das Gesetz rechtzeitig für den geplanten Austrittstermin am 31. Jänner in Kraft treten kann. In den Fokus rücken nun die Gespräche über die künftigen EU-Beziehungen nach einer Übergangszeit bis Ende 2020. EU-Vertreterinnen und -Vertreter halten die Frist von elf Monaten für zu knapp, um alle Aspekte eines Freihandelsabkommens zu klären.


11. Jänner 2020: In Glasgow gehen Tausende von Demonstranten für die Unabhängigkeit Schottlands auf die Straße. In Schottlands erstem Unabhängigkeitsreferendum von 2014 hatten 55 Prozent der Wählerinnen und Wähler für einen Verbleib im Vereinigten Königreich votiert. Beim britischen Brexit-Referendum 2016 hatten sich 62 Prozent der Stimmbürger in Schottland für einen Verbleib in der EU ausgesprochen. Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon, die selbst nicht teilnehmen konnte, wünschte den Demonstranten per Twitter viel Glück. Den Erfolg ihrer Partei bei der britischen Parlamentswahl im Dezember 2019 sieht Sturgeon als klares Mandat für ein neues schottisches Unabhängigkeitsreferendum. Die SNP gewann 48 der 59 schottischen Sitze im Unterhaus.


14. Jänner 2020: Der britische Premierminister Boris Johnson lehnt ein neues Unabhängigkeitsreferendum in Schottland offiziell ab. Er könne keinem Antrag zustimmen, der zu weiteren Unabhängigkeitsreferenden führen würde, schreibt Johnson in einem Brief an Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon. Stattdessen sollten alle zusammenarbeiten, um das ganze Vereinigte Königreich zusammenzubringen, so Johnson auf Twitter.


22. Jänner 2020: Das britische Parlament verabschiedet das Ratifizierungsgesetz für das Brexit-Abkommen. Nach dem Unterhaus passierte der Gesetzesentwurf auch das Oberhaus. Mehrere Änderungen, die von den Lords an dem Gesetzentwurf vorgenommen worden waren, hatten die Abgeordneten im Unterhaus zuvor wieder rückgängig gemacht. Die Lords gaben schließlich nach. In Großbritannien müssen internationale Verträge im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens in nationales Recht übertragen werden, um Gültigkeit zu erlangen. Dafür fehlt nun nur noch die Billigung von Queen Elizabeth II., doch das ist eine reine Formalie. Das Europaparlament soll dem Vertragswerk am 29. Januar seinen Segen geben. Zwei Tage später, am 31. Januar um 24 Uhr (MEZ), soll Großbritannien die EU verlassen.


29. Jänner 2020: In Brüssel billigt das EU-Parlament den Scheidungsvertrag. Obwohl zahlreiche Abgeordnete die Trennung bedauern und emotionale Reden im Plenarsaal halten, stimmt die Mehrheit doch für das Ende 2019 vereinbarte Abkommen. Denn mit dem Vertrag soll Chaos zwischen den EU-27 und dem Vereinigten Königreich vermieden werden. 621 Abgeordnete stimmten für das Brexit-Abkommen, 49 dagegen. 13 enthalten sich ihrer Stimme. Wichtigster Punkt des Abkommens ist eine geplante Übergangsfrist bis 31. Dezember 2020, in der sich im Alltag zunächst nichts ändern soll. Großbritannien gehört in der Zeit wie bisher dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion an; beim Reisen und auch im Warenverkehr bleibt bis Jahresende alles wie gehabt.


31. Jänner 2020: Großbritannien tritt um 24 Uhr (MEZ) offiziell aus der Europäischen Union aus.


2. März 2020: Die EU und ihr ehemaliges Mitglied Großbritannien starten in Brüssel die Verhandlungen über ihre künftigen Beziehungen. Die EU strebt ein umfassendes Abkommen an, das unter anderem Freihandel bei fairem Wettbewerb garantiert. Großbritannien möchte ein Freihandelsabkommen ohne Verpflichtung zur Angleichung seiner Gesetze an EU-Recht abschließen und über weitere Themen wie Fischerei oder Luftfahrt getrennt verhandeln. 


Abgeschlossen: Anfang März 2020

Update Ende Oktober 2019

Eine Rekonstruktion der vorläufigen Ereignisse (August-Oktober 2019)

Bei einer Nachwahl in Wales am 1. August 2019 verliert die Konservative Partei von Premierminister Boris Johnson einen Parlamentssitz. Die Konservativen müssen den Parlamentssitz an die europafreundlichen Liberaldemokraten abgeben. Damit werden die Verhältnisse in der vom Brexit gespaltenen britischen Innenpolitik noch komplizierter. Damit schmilzt die Mehrheit für das Regierungsbündnis im Unterhaus auf gerade einmal eine Stimme. In den künftigen parlamentarischen Auseinandersetzungen um den Brexit, bei dem auch die Tories gespalten sind, könnte es auf jede Stimme ankommen. Johnson verschärfte zudem den Ton gegenüber Kritikern in seiner Konservativen Partei. Insidern zufolge drohte er jenen Mitgliedern, die von der Regierungslinie abweichen, sogar den Parteiausschluss an und vollzog diesen auch. Am Tag vor der ersten Parlamentssitzung in Großbritannien nach der Sommerpause tritt Johnson mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit. Darin betonte er, „ohne Wenn und Aber“ am 31. Oktober aus der EU austreten zu wollen: „Jeder soll wissen, dass ich unter keinen Umständen Brüssel um eine Verschiebung bitten werde.“ Ein schließlich gegen den Widerstand von Johnson verabschiedetes Gesetz verpflichtet diesen, bei der EU-Kommission in Brüssel eine Verschiebung des Austritts Großbritanniens aus der EU bis zum 31. Jänner 2020 zu beantragen, sollte er es nicht schaffen, bis zum 19. Oktober ein Austrittsabkommen mit der EU zu vereinbaren. Ein neues überarbeitetes Brexit-Abkommen Johnsons mit der EU wird Mitte Oktober 2019 vom britischen Parlament nicht angenommen. Eine weitere Verschiebung des Brexit-Termins wird dadurch notwendig. „Boris Johnson katapultiert sich mit seinem Brexit-Versprechen auf eine Mauer zu, die er selbst errichtet hat“, hält der britische Schriftsteller Ian McEwan fest.

Ein möglicher und vom Premier offensichtlich favorisierter No-Deal-Brexit würde die bisherige EU-Integration Großbritanniens schlagartig beenden. Eine Übergangsphase von mindestens einem Jahr, wie sie das von der damaligen Premierministerin Theresa May ausgehandelte Abkommen vorsah, gibt es dann nicht. Studien darüber wie etwa der Bericht des britischen Unterhauses vom Juli 2019, der "Confederation of British Industry" vom Juli 2019 oder der Ideenschmiede "The UK in a Changing Europe" vom September 2019 zeichnen ein eher düsteres Bild der zu erwartenden negativen Folgen insbesondere für Großbritannien.


12. August 2019: US-Sicherheitsberater John Bolton kündigt nach einem Treffen mit dem britischen Premierminister Boris Johnson in London mit Blick auf ein mögliches Handelsabkommen mit Großbritannien nach dem Brexit ein „sehr schnelles“ Vorgehen Washingtons an.


12. August 2019: Die oppositionelle Labour-Partei will in letzter Minute eine Verlängerung des Brexits über den 31. Oktober hinaus erreichen. Labour-Chef Jeremy Corbyn hat eine Urlaubssperre für die Abgeordneten seiner Partei für den September verhängt, um einen Misstrauensantrag gegen Premier Boris Johnson einzubringen.

Laut einem Geheimpapier wollen die Abgeordneten, die für einen Verbleib Großbritanniens in der EU sind, Johnson überrumpeln und zu einem Brexit-Aufschub zwingen.

Aus Sorge vor einem ungeregelten Brexit horten die Britinnen und Briten einer Studie zufolge bereits Waren im Wert von vier Milliarden Britischen Pfund (etwa 4,3 Mrd. Euro). Fast jeder Fünfte habe damit begonnen, seinen Vorrat an Nahrungsmitteln, Getränken oder Arzneimitteln aufzustocken, teilte der Finanzdienstleister Premium Credit in London mit. Für die Studie wurden 1.052 erwerbstätige Verbraucherinnen und Verbraucher befragt.


19. August 2019: Der britische Premierminister Boris Johnson schlägt eine Übergangslösung zur Gestaltung der Grenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland nach dem Brexit vor. Das Vereinigte Königreich und die EU hätten sich bereits auf die Möglichkeit alternativer Lösungen zum „Backstop“ verständigt, schreibt Johnson in einem von seinem Büro veröffentlichten Brief an EU-Ratspräsident Donald Tusk.

Er schlägt darin vor, die „Backstop“-Regelungen zur irischen Grenze aus dem EU-Vertrag durch eine Verpflichtung zu ersetzen, nach der die alternativen Lösungen so schnell wie möglich während einer Übergangsperiode eingeführt werden sollen. Johnson lässt in seinem Schreiben offen, wie diese alternativen Lösungen aussehen könnten.

Der von Johnsons Vorgängerin Theresa May mit der EU ausgehandelte Brexit-Vertrag sieht vor, dass keine Grenzkontrollen an der irischen Grenze wiedereingeführt werden sollen. Allerdings müssten dann aus Brüsseler Sicht die EU-Regeln weiterhin im britischen Nordirland oder in ganz Großbritannien gelten. Das lehnt Johnson ab und kündigte an, dass sein Land spätestens am 31. Oktober die EU verlassen werde – ob mit oder ohne Brexit-Vertrag. Bisher lehnt die EU allerdings Nachbesserungen am Vertrag ab.

Unmittelbar nach dem Brexit will die britische Regierung zudem die Personenfreizügigkeit für EU-Bürgerinnen und -Bürger abschaffen. Derzeit leben schätzungsweise 3,6 Millionen EU-Bürger in Großbritannien. Unter May wurde ihnen angeboten, einen Antrag auf einen dauerhaften Aufenthaltstitel zu stellen.

Die Rechte von EU-Bürgern, die bereits in Großbritannien leben, seien davon nicht betroffen, wird betont. Kritiker fürchten jedoch, dass jedoch nicht wirklich zu unterscheiden sein werde, wer rechtmäßig in Großbritannien lebt und wer nicht.


28. August 2019: Die Queen wird von Premierminister Boris Johnson damit beauftragt, dem britischen Parlament eine Zwangspause zu verordnen. Das kündigt der britische Premier an. Damit könnten die Pläne der Opposition, einen „No Deal“-Brexit zu verhindern, unterbunden werden. Scharfe Kritik an dem Vorhaben gibt es vom Parlamentspräsidenten abwärts. Parlamentspräsident John Bercow bezeichnet das Vorhaben Johnsons als „verfassungsrechtlichen Skandal“. „Egal, in welcher Verkleidung diese Pause präsentiert wird – es ist absolut offensichtlich, dass eine Aussetzung des Parlaments jetzt nur dazu dient, das Parlament daran zu hindern, den Brexit zu debattieren“, so Bercow.

Labour-Chef Jeremy Corbyn sagt, er sei „entsetzt“ über die „Rücksichtslosigkeit“ der Regierung. Es sei eine „Schande“ und eine „Bedrohung“ für die Demokratie.


29. August 2019: In Großbritannien leiten Gegner des Brexits rechtliche Schritte gegen die von Premierminister Boris Johnson verhängte Zwangspause des Parlaments ein. Mittlerweile sind zwei prominente Vertreter aus Johnsons eigenem Lager zurückgetreten.


31. August 2019: Ermutigt von den Massenprotesten gegen den britischen Premierminister Boris Johnson ruft Oppositionsführer Jeremy Corbyn die Abgeordneten aller Parteien zum Widerstand im Parlament auf.

In vielen Städten protestieren Zehntausende Menschen gegen Johnson und dessen umstrittene Entscheidung, das Parlament wochenlang zu suspendieren. Viele Menschen sprechen von einem Anschlag auf die Demokratie.


2. September 2019: Am Tag vor der ersten Parlamentssitzung in Großbritannien nach der Sommerpause tritt der Premierminister Boris Johnson mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit. Darin betont er, „ohne Wenn und Aber“ am 31. Oktober aus der EU austreten zu wollen: „Jeder soll wissen, dass ich unter keinen Umständen Brüssel um eine Verschiebung bitten werde.“

Er bekräftigt, nicht auf vorgezogenen Wahlen zuzusteuern: „Ich will keine Wahl, und ihr wollt auch keine.“ Zugleich drängt er die Abgeordneten, nicht für eine „weitere sinnlose Verschiebung“ des Brexits zu stimmen. Die Parlamentarier dürften der Regierung bei den Verhandlungen mit der EU nicht den Boden unter den Füßen wegziehen.

Sollte sein Brexit-Kurs ausgebremst werden, könne er sich gezwungen sehen, Neuwahlen auszurufen. „Wir werden keine Versuche akzeptieren, bei unseren Versprechungen Abstriche zu machen.“


3. September 2019: Der britische Brexit-Minister Stephen Barclay wirft unterdessen der EU in einem Zeitungsinterview einen Mangel an Kompromissbereitschaft vor – und warnt davor, dass das Festhalten der EU am „Backstop“ zu einem Eigentor für Brüssel werden könnte. Denn im Falle eines ungeregelten Brexits am 31. Oktober würde die umstrittene Regelung gar nicht erst in Kraft treten, sagt er.

Mit dem „Backstop“ will die EU eine harte Grenze zwischen Nordirland und Irland verhindern. Doch im Falle eines „No Deal“-Brexits würden die „Risiken schon im November eintreten statt wie durch die Übergangsphase vorgesehen erst im Dezember 2020 oder bei einer Verlängerung sogar ein oder zwei Jahre später“, meint Barclay. Die EU ruft er dazu auf, ihren „absolutistischen Ansatz“ aufzugeben. „Dann stehen wir bereit“ für eine Lösung, meint Barclay.

Der EU-Chefunterhändler für den Brexit, Michel Barnier, schloss zuvor schon eine Neuverhandlung des „Backstop“ aus.


3. September 2019: Die Gegner eines ungeordneten EU-Austritts fügen dem britischen Premierminister Boris Johnson eine empfindliche politische Niederlage zu. Die Abgeordneten stimmten mehrheitlich für einen Beschluss, der den Weg für ein Gesetz gegen einen „No Deal“-Brexit ebnet.

Das schließlich gegen den Widerstand von Johnson verabschiedete Gesetz verpflichtet diesen, bei der EU-Kommission in Brüssel eine Verschiebung des Austritts Großbritanniens aus der EU bis zum 31. Jänner 2020 zu beantragen, sollte er es nicht schaffen, bis zum 19. Oktober ein Austrittsabkommen mit der EU zu vereinbaren.

Johnson kündigt umgehend einen Antrag auf vorgezogene Neuwahlen an. Zudem entlässt Johnson 21 Tory-Fraktionsmitglieder, nachdem diese den Weg für eine Blockade des No Deal mit freigemacht hatten.  


4. September 2019: Der britische Premier Johnson erleidet eine doppelte politische Niederlage im Parlament. Das britische Parlament zwingt den Premierminister, die Drohung eines vertragslosen EU-Austritts aufzugeben. Der Antrag des Regierungschefs zur Abhaltung von Neuwahlen verpasst die erforderliche Zweidrittelmehrheit deutlich.

Eine Mehrheit glaubt dem Regierungschef die Behauptung, er verhandle mit der EU in gutem Glauben, nicht mehr. Die gemäßigte One-Nation-Gruppe in der Tory-Fraktion veröffentlicht eine Erklärung, in der sie Johnson dazu auffordert, die verbannten Fraktionsmitglieder wieder aufzunehmen. „Die Maßnahmen in den vergangenen Tagen, die Fraktion von gemäßigten Mitgliedern zu säubern, sind prinzipiell falsch und schlechte politische Praxis“, heißt es in dem Schreiben. Oppositionsführer Jeremy Corbyn von der Labour-Partei kündigt an, er werde einer Neuwahl erst zustimmen, wenn das Gesetz gegen den „No Deal“ in Kraft getreten ist.


5. September 2019: Der britische Premierminister Boris Johnson gerät wegen seines kompromisslosen Brexit-Kurses immer stärker unter Druck aus den eigenen Reihen. Jetzt legt sein jüngerer Bruder Jo Johnson sein Amt als Staatssekretär und auch sein Mandat als Parlamentsabgeordneter für die konservativen Torys nieder. „Ich war zerrissen zwischen Loyalität zur Familie und dem nationalen Interesse“, so die Begründung auf Twitter.

Jo Johnson stimmte 2016 für den Verbleib Großbritanniens in der EU.


7. September 2019: Die britische Arbeitsministerin im Kabinett von Premierminister Johnson, Amber Rudd, legt aus Protest gegen den radikalen Brexit-Kurs ihr Amt nieder.

Johnson wolle das im britischen Parlament erlassene Gesetz gegen einen ungeregelten Brexit ignorieren und lege es darauf an, von Abgeordneten verklagt zu werden, so Rudd. Johnson steuere das Land damit in die schlimmste Verfassungskrise seit 1688, als die Grundlagen für das heutige parlamentarische System Großbritanniens geschaffen wurden. Johnson und seine getreuen Anhänger wollen den EU-Gipfel am 17. Oktober abwarten – wenn es dann keine Lösung gebe, wolle die Regierung eine Verlängerung des Brexit-Termins mit allen Mitteln sabotieren: Sein Team sei bereit, „mit der Kettensäge gegen alles vorzugehen“, was ihm im Weg sei, erklärt Rudd. Sie könne nicht tatenlos zuschauen, „während gute und loyale moderate Konservative ausgeschlossen werden“, schreibt Rudd in ihrer veröffentlichten Erklärung.


9. September 2019: Der britische Parlamentspräsident John Bercow kündigt seinen Rücktritt an. Er werde entweder mit der nächsten Wahl oder am
31. Oktober zurücktreten, je nachdem, welcher Termin zuerst eintritt, sagt Bercow.

Bercow hat sich in der Auseinandersetzung um den Brexit zwischen Regierung und Parlament immer wieder für die Rechte der Abgeordneten eingesetzt. Er hat sich damit den Vorwurf der Brexit-Anhänger eingehandelt, parteiisch zugunsten der EU-Befürworter zu sein.


10. September 2019: Das Unterhaus im britischen Parlament erteilt einem Neuwahlantrag von Premier Boris Johnson eine klare Absage. Für das britische Parlament gibt es nun fünf Wochen Zwangspause. Eine Neuwahl vor dem geplanten Brexit-Datum am 31. Oktober steht damit nicht mehr zur Debatte. Die nächste Parlamentssitzung findet am 14. Oktober statt.


11. September 2019: Auf Druck des Parlaments veröffentlicht die britische Regierung ein internes Papier für den Fall eines „No Deal“-Brexits. „Operation Yellowhammer“ (Goldammer) ist der Codename für die „No Deal“-Planung der britischen Regierung. In dem sechsseitigen Dokument wird unter anderem vor Protesten und Störungen der öffentlichen Ordnung gewarnt, die eine „erhebliche Menge“ der Polizeikräfte in Anspruch nehmen würden. Außerdem könnte es aufgrund langer Wartezeiten am Ärmelkanal zu Lieferengpässen bei Medikamenten kommen.

Ein schottisches Berufungsgericht erklärt parallel dazu die Zwangspause für unrechtmäßig. Johnsons Ratschlag an die Königin sei mit der Absicht erfolgt, die Parlamentarier im Brexit-Streit kaltzustellen, begründen die Richter in Edinburgh ihre Entscheidung. Die Zwangspause sei daher „null und nichtig“. Die Regierung kündigt an, Berufung vor dem obersten britischen Gericht, dem Supreme Court in London, einzulegen.

Johnson wollte – so seine Darstellung – die Sitzungsperiode des Parlaments bis Mitte Oktober unterbrechen, um sein neues Regierungsprogramm vorzustellen. Anschuldigungen, er wolle damit die Abgeordneten daran hindern, einen Brexit ohne Abkommen abzuwenden, hat er schon zuvor als „vollkommen unwahr“ bezeichnet. Das britische Parlament ist in der Nacht zum 10. September in die nun bis 14. Oktober verlängerte Herbstpause verabschiedet worden. Die Zeremonie im Unterhaus ist von tumultartigen Szenen begleitet worden.


12. September 2019: Die Hürden für den britischen Premier Boris Johnson, den Austritt aus der EU in jedem Fall am 31. Oktober zu vollziehen, werden immer höher. Nun hat Parlamentspräsident John Bercow den Premier explizit davor gewarnt, das Parlament zu umgehen.

„Sollte ich mich darin bisher nicht ganz unmissverständlich ausgedrückt haben, so lassen Sie es mich jetzt ganz klar sagen: Die einzige Form des Brexits, wann immer er eintritt, wird ein Brexit sein, den das Unterhaus explizit gutgeheißen hat“, so Bercow laut der britischen Tageszeitung „Guardian“.


13. September 2019: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bedauert einmal mehr den Brexit. Dieser sei der „Höhepunkt einer kontinentalen Tragödie“, so Juncker. Den Austritt Großbritanniens aus der EU bezeichnet er als „ahistorisch“ und der Problemlage, die es in Europa zu bewältigen gebe, nicht angemessen. Die Entscheidung der Briten gelte es aber zu respektieren.


16. September 2019: Ein Besuch des britischen Premierministers Johnson bei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bringt keine neuen konkreten Ergebnisse. Dem luxemburgischen Regierungschef Xavier Bettel zufolge lehnt Johnson erneut ein zweites Brexit-Referendum ab.


18. September 2019: Der britische Oppositionsführer Jeremy Corbyn kündigt ein neues Brexit-Referendum an, sollte er aus möglichen vorgezogenen Neuwahlen als Sieger hervorgehen. „Nur eine Labour-Regierung würde die Brexit-Krise beenden, indem sie die Entscheidung an das Volk zurückgibt, so Corbyn.


24. September 2019: Der Oberste Gerichtshof Großbritanniens, der Supreme Court, erklärt die von Premierminister Boris Johnson auferlegte fünfwöchige Zwangspause des Parlaments für rechtswidrig und hebt sie mit sofortiger Wirkung auf.


26. September 2019: Der britische Premierminister Johnson will ungeachtet seiner Niederlage vor dem Obersten Gericht des Landes über die von ihm verhängte Zwangspause des Parlaments neuerlich eine solche Maßnahme treffen. So fordert der Regierungschef auch eine Rede der Königin in den nächsten Wochen für eine neue Politik im Land.

Eine von mehreren Seiten geforderte Entschuldigung bei Königin Elizabeth II. für seine von der Queen erwünschte Zustimmung zur ersten Zwangspause für das Parlament lehnt Johnson kategorisch ab. Er lasse sich jedenfalls nicht von der Entscheidung des Obersten Gerichts abschrecken.


27. September 2019: Der britische Premierminister Johnson wird wegen seiner Rede zur Eröffnungssitzung im Londoner Parlament heftig kritisiert. Quer durch alle Parteien verurteilen Abgeordnete und viele britische Zeitungen seine Wortwahl und eine Bemerkung über die ermordete britische Politikerin Jo Cox, die sich für den Verbleib Großbritanniens in der EU eingesetzt hatte.

Die Abgeordneten sollten doch dem Brexit zustimmen, wenn sie Cox ehren wollten, hatte Johnson zuvor im Unterhaus gesagt. Die Labour-Politikerin war kurz vor dem Brexit-Referendum 2016 von einem Rechtsradikalen getötet worden. Die Presse nannte den Premier einen „Mann ohne Scham“. Kaum ein Premierminister zuvor habe eine so „schändliche Rede“ gehalten.


2. Oktober 2019: Der britische Premierminister Johnson beharrt auf dem EU-Austritt seines Landes Ende des Monats. „Lasst uns den Brexit durchziehen“, ruft er auf dem Jahreskongress seiner Konservativen Partei den Delegierten zu. „Wir können es, wir müssen es und wir werden es.“ Großbritannien werde am
31. Oktober die EU verlassen – „komme, was wolle“.

Zum Abschluss des Parteitags der britischen Tories macht Johnson der EU ein „letztes Angebot“. Danach soll es auf der irischen Insel während vier Jahren zwei Grenzen geben. Einzelheiten des Plans waren zuvor der Presse zugespielt worden. Dublin und Brüssel reagieren skeptisch bis ablehnend.


6. Oktober 2019: Der britische Premierminister Johnson schließt eine erneute Verschiebung des Brexits aus. Die EU solle nicht „irrtümlich“ davon ausgehen, dass Großbritannien über den derzeitigen Austrittstermin Ende Oktober hinaus in dem Staatenverbund bleiben. Er werde in Brüssel um keinen erneuten Aufschub bitten.


8. Oktober 2019: In den vermutlich letzten Tagen des Brexit-Streits wird der Ton rauer: EU-Ratspräsident Donald Tusk attackiert den britischen Premierminister Johnson mit scharfen Worten: Es gehe nicht um das Gewinnen eines „dummen Schwarzer-Peter-Spiels“, schreibt Tusk auf Twitter. Es gehe um die Zukunft Europas und Großbritanniens, um die Sicherheit und die Interessen der Menschen. „Sie wollen keinen Deal, Sie wollen keine Fristverlängerung, Sie wollen den Austritt nicht widerrufen, quo vadis?“, fragt Tusk in Richtung Johnson.

Kurz vorher hat die britische Regierung nach einem Telefonat Johnsons mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel durchsickern lassen, dass London nicht mehr an eine Einigung mit der EU glaube.


9. Oktober 2019: Die EU und Großbritannien befinden sich nach Worten des EU-Brexit-Chefverhandlers Michel Barnier „am Scheideweg“. Barnier bekräftigt vor dem Europaparlament in Brüssel, dass die britischen Vorschläge bisher nicht ausreichend seien. Die EU könne insbesondere nicht auf die Regelung für eine offene Irland-Grenze, den „Backstop“, verzichten.

„Wir brauchen heute, nicht morgen, operationelle rechtsverbindliche Lösungen“, sagt Barnier. Die EU bleibe „ruhig wachsam und konstruktiv“ und gehe weiter respektvoll mit Großbritannien um. „Wir hoffen weiter auf ein Austrittsabkommen, das für beide Seiten akzeptabel ist“, sagte er.


14. Oktober 2019: Die Umsetzung des Brexits am 31. Oktober hat „Priorität“ für die britische Regierung von Premierminister Boris Johnson. Das sagt Königin Elizabeth II. bei der Verlesung von Johnsons Regierungsprogramm im Unterhaus in London.

Doch angesichts einer fehlenden Regierungsmehrheit bleibt die Umsetzung ebenso unklar wie der Ausgang des Brexit-Tauziehens.


17. Oktober 2019: Die Unterhändler der EU und Großbritanniens einigen sich auf einen Brexit-Vertrag. Das bestätigen Premierminister Boris Johnson und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Deal – wir haben einen“, schreibt Juncker auf Twitter.

Juncker spricht von einer fairen und ausbalancierten Vereinbarung sowohl für die EU als auch für Großbritannien: „Es steht für unseren Einsatz, Lösungen zu finden.“ Er empfehle dem bevorstehenden EU-Gipfel, das Abkommen anzunehmen. Auch Johnson habe Zustimmung zu dem Deal signalisiert. Damit steigen die Chancen, dass auf dem Gipfel ein Austrittsabkommen zustande kommt und der britische EU-Austritt geregelt vollzogen werden kann.

Das Abkommen umfasst eine machbare Lösung, um eine harte Grenze in Irland zu vermeiden. Die britische Provinz Nordirland unterliege weiter einer begrenzten Zahl von EU-Regeln, vor allem bei Waren. Es werde eine Übergangsphase bis Ende 2020 geben. Eine harte Grenze zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Mitglied Irland sei ausgeschlossen.


19. Oktober 2019: Eine Mehrheit der britischen Abgeordneten stimmen jedoch gegen den Wunsch der Regierung, den von Johnson nachverhandelten Austrittsvertrag schon jetzt zu billigen. Vielmehr wird diese Entscheidung vertagt, bis das Gesetz zur Ratifizierung des Vertrags unter Dach und Fach ist. Hintergrund ist das Misstrauen vieler Abgeordneter gegen Johnson. Sie sehen die Gefahr, dass das Gesetz noch scheitert und am 31. Oktober doch ein Chaos-Brexit drohen könnte.


24. Oktober 2019: Neuwahlen scheinen in Großbritannien unausweichlich geworden zu sein. Premierminister Johnson schlägt nun den 12. Dezember für eine Abstimmung vor. Das Parlament könnte darüber entscheiden – wenn vorher die EU-Staaten einer Fristverlängerung zustimmen.

Abgeschlossen: 24. Oktober 2019

Update Ende Juli 2019

Eine Rekonstruktion der vorläufigen Ereignisse (Mai-Juli 2019)

Am 29. März 2019 um Mitternacht sollte ursprünglich die Mitgliedschaft Großbritanniens in der EU enden. Weil sich das britische Parlament aber nicht auf ein Austrittsabkommen und einen mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Modus einigen konnte, wird fast drei Jahre nach dem britischen Referendum eine Verschiebung des Brexit-Termins (nunmehr auf den 31. Oktober 2019) notwendig.

Ob damit der schwierige Loslösungsprozess an seinen Endpunkt kommt, der mit dem knappen Ausgang einer Volksabstimmung im Jahre 2016 seinen Anfang nahm, bleibt abzuwarten. Denn angesichts der ungewissen vor allem auch handelspolitischen Folgen eines Ausscheidens Großbritanniens aus der EU macht sich speziell bei den Briten immer mehr Ratlosigkeit und Unsicherheit breit.

Vor diesem Hintergrund ist ausgerechnet in Großbritannien selbst eine immer stärker werdende Volksbewegung für Europa und die EU im Entstehen. Der Brexit hat es möglich gemacht.

Mit dem unberechenbaren, populistischen Boris Johnson als neuen britischen Premierminister scheint mittlerweile aber ein „harter Brexit“ im Bereich des Möglichen. Damit dürfte aber der bisherige Zusammenhalt Großbritanniens institutionell und auch ideologisch massiv zwischen EU-Befürwortern und Gegnern erschüttert werden. Das Ergebnis dieses Prozesses ist offen.

Ein „No Deal“-Brexit könnte nach Einschätzung des irischen Premierministers Leo Varadkar letztlich zu einer Wiedervereinigung Irlands und Nordirlands führen. Wenn Großbritannien ohne Abkommen aus der EU austrete, werde in Nordirland die Zahl der Menschen steigen, die die Zugehörigkeit zum Vereinigten Königreich „infrage stellen“, kommentierte am 27. Juli Varadkar die Situation.

In Schottland, Wales und Nordirland stoßen die Pläne Johnsons weitgehend auf Skepsis bis Ablehnung.


  • 24. Mai 2019: Die britische Premierministerin Theresa May zieht sich aus dem Amt zurück. Ihr Rücktritt als Parteichefin der Torys soll am 7. Juni erfolgen. Ihre Tage als Premierministerin sind damit auch gezählt. May bleibt aber als Premierministerin vorerst geschäftsführend im Amt, bis die Torys einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin gewählt haben.

    Es ist und wird immer eine Angelegenheit von tiefem Bedauern für mich sein, dass es mir nicht gelungen ist, den Brexit zu vollziehen“, sagt May. Sie habe alles versucht, um eine Mehrheit im Parlament zu bekommen, doch das sei nicht gelungen. Es sei im besten Interesse des Landes, wenn ein anderer Premierminister Großbritannien aus der EU führe, so May in ihrer emotionalen Ansprache.

    Sie erklärt weiter, sie glaube daran, dass ihre Konservative Partei die Kraft zur Erneuerung habe. Das Brexit-Referendum im Juni 2016 sei ein Ruf nach einem „grundlegenden Wandel in unserem Land“ gewesen. Einen Konsens beim Brexit könne es nur geben, wenn alle Seiten zum Kompromiss bereit seien. „Kompromiss ist kein schmutziges Wort, das Leben hängt davon ab.“ May beendet ihre Stellungnahme unter Tränen.


  • 27. Mai 2019: In Großbritannien kommt die neu gegründete Brexit-Partei des EU-Gegners Nigel Farage aus dem Stand mit 31,6 Prozent auf Platz eins. Die regierenden konservativen Tories werden angesichts des bereits mehrfach verschobenen EU-Austritts abgestraft und landen nur noch auf Platz fünf.


  • 29. Mai 2019: Dem aussichtsreichsten Kandidaten für die Nachfolge der britischen Premierministerin Theresa May, der ehemalige Außenminister Boris Johnson, wird zwischenzeitlich wegen mutmaßlicher Lügen zum Brexit ein Gerichtsverfahren in Aussicht gestellt. Johnson müsse sich zu Vorwürfen äußern, dass er wiederholt und wissentlich falsche Angaben zu den Kosten der britischen EU-Mitgliedschaft gemacht habe, heißt es.

    Johnson hatte fälschlicherweise angegeben, Großbritannien zahle wöchentlich 350 Millionen Pfund (knapp 400 Mio. Euro) an die EU. Dieser Betrag war ein zentraler Punkt der Kampagne des Brexit-Lagers vor dem Referendum im Jahr 2016, bei dem eine knappe Mehrheit der Briten für ein Ausscheiden aus der Europäischen Union stimmte.

    Das Gerichtsverfahren gegen Johnson wird aber schließlich fallengelassen.


  • 31. Mai 2019: Knapp vor dem Staatsbesuch von US-Präsident Donald Trump in Großbritannien wirbt dessen Nationaler Sicherheitsberater, John Bolton, noch einmal eindringlich für den Brexit und streicht die Vorteile für beide Seiten heraus. „Die Präferenz der USA ist, dass Großbritannien den vom Volk gewünschten Kurs folgt und die EU verlässt“, sagt er der konservativen englischen Zeitung „The Telegraph“. Trump wolle mit dem neuen britischen Premierminister ein Handelsabkommen abschließen, das für beide Seiten Vorteile bringe und London von den regulatorischen Einschränkungen in Beziehung zur EU befreie.


  • 3. Juni 2019: Im innerbritischen Streit über den Brexit bezieht US-Präsident Donald Trump kurz vor seiner Reise entgegen diplomatischen Gepflogenheiten klar Stellung und empfiehlt den Briten den Brexit-Hardliner Boris Johnson als Nachfolger der scheidenden Premierministerin Theresa May. Zudem spricht er sich im Zweifel für einen harten Brexit aus.


  • 4. Juni 2019: Für Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist der 31. Oktober 2019 der „allerletzte Zeitpunkt“ für den Brexit. Er wolle nicht, dass sich die neue Europäische Kommission mit diesem Thema auseinandersetzen müsse, sagt er im Elysée-Palast in Paris.


  • 13. Juni 2019: Im Rennen um das Amt des Parteichefs der britischen Konservativen und des Premierministers wird Boris Johnson in einer ersten Wahlrunde als Favorit bestätigt.

    Johnson erhält 114 Stimmen. An zweiter Stelle folgt mit 43 Befürwortern der derzeitige Außenminister Jeremy Hunt. Eine Runde weiter sind auch Innenminister Sajid Javid, Umweltminister Michael Gove, Ex-Brexit-Minister Dominic Raab und Gesundheitsminister Matt Hancock. Überraschend schafft es auch Entwicklungshilfeminister Rory Stewart in die zweite Runde.


  • 8. Juli 2019: Mit Blick auf den deutlich verzögerten EU-Austritt schreibt US-Präsident Donald Trump auf Twitter, er habe der Noch-Premierministerin Theresa May gesagt, wie sie einen Deal mit der EU erreichen könne. „Aber sie ist ihren eigenen, törichten Weg gegangen – und war unfähig, es hinzukriegen. Ein Desaster!“ Sie habe Chaos angerichtet. Die gute Nachricht für Großbritannien sei, dass das Land bald einen neuen Premierminister haben werde, so Trump.


  • 18. Juli 2019: Das britische Parlament verpasst den „No Deal“-Plänen von Boris Johnson noch vor dessen erwartetem Antritt als Premierminister einen kräftigen Dämpfer. Die Abgeordneten votierten mit 315 zu 274 Stimmen mehrheitlich für einen Gesetzeszusatz, der eine Zwangspause des Parlaments um den geplanten EU-Austritt am 31. Oktober erheblich erschwert.


  • 23. Juli 2019: Der britische Außenminister Jeremy Hunt muss sich im internen Wettlauf um das Amt des Tory-Chefs Boris Johnson geschlagen geben. Mit dem unberechenbaren Johnson wird ein Politiker britischer Premierminister, der den bedingungslosen Brexit verspricht.

    Laut dem Verhandlungsführer der EU, Michel Barnier, ist die EU auf einen No-Deal-Brexit vorbereitet. „Wir freuen uns darauf, bei seinem Amtsantritt konstruktiv mit Premierminister Johnson zusammenzuarbeiten“, sagt Barnier auf Twitter. „Ist es ein No-Deal-Brexit? Ein No-Deal-Brexit wird niemals die Wahl der EU sein. Aber wir sind vorbereitet.“

    Theresa May hält im britischen Unterhaus ihre Abschiedsrede.


  • 25. Juli 2019: Dem neuen britischen Premierminister Boris Johnson ist der von seiner Vorgängerin Theresa May mit der EU ausgehandelte Deal über den Brexit offenbar ein Dorn im Auge. Die Bedingungen seien „inakzeptabel“ für „dieses Parlament und dieses Land“, so Johnson im britischen Unterhaus.

    Die EU erteilt Johnsons Wunsch nach Veränderung umgehend eine Abfuhr.


  • 26. / 27. Juni 2019: Nach der Amtsübergabe Theresa Mays rückt die britische Regierung deutlich nach rechts. Gemäßigte Tories und Gegner eines harten Brexits werden entweder entlassen oder treten zurück
    Mit den anderen 27 EU-Staaten will er sich überhaupt erst an einen Tisch setzen, wenn sie zuvor die vertraglich vereinbarte Auffanglösung für Nordirland aufgeben – also die einzige Garantie, dass es auf der irischen Insel nicht wieder zu einer harten Grenze kommt.


  • 30. / 31. Juli 2019: Bei seinen Besuchen in Schottland, Wales und Nordirland, wo er um seinen Brexit-Kurs wirbt, stößt er kaum auf Gegenliebe. Vielmehr erntet er teils heftige Kritik.


Abgeschlossen: 31. Juli 2019

Update Anfang Mai 2019

Eine Rekonstruktion der vorläufigen Ereignisse (Jänner-April 2019)

Am 29. März 2019 um Mitternacht sollte ursprünglich die Mitgliedschaft Großbritanniens in der EU enden. Weil sich das britische Parlament aber nicht auf ein Austrittsabkommen und einen mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Modus einigen konnte, wird fast drei Jahre nach dem britischen Referendum eine Verschiebung des Brexit-Termins (nunmehr auf den 31. Oktober 2019) notwendig.

Ob damit der schwierige Loslösungsprozess an seinen Endpunkt kommt, der mit dem knappen Ausgang einer Volksabstimmung im Jahre 2016 seinen Anfang nahm, bleibt abzuwarten. Denn angesichts der ungewissen vor allem auch handelspolitischen Folgen eines Ausscheidens Großbritanniens aus der EU macht sich speziell bei den Briten immer mehr Ratlosigkeit und Unsicherheit breit.

Vor diesem Hintergrund ist ausgerechnet in Großbritannien selbst eine immer stärker werdende Volksbewegung für Europa und die EU im Entstehen. Der Brexit hat es möglich gemacht.


  • 9. Jänner 2019: Die britische Premierministerin Theresa May erleidet im britischen Parlament einen weiteren Rückschlag für ihren Brexit-Kurs. Das Unterhaus stimmt mit 308 zu 297 Stimmen dafür, dass die Regierung für den Fall, dass der Brexit-Deal mit der EU im Parlament durchfällt, binnen drei Sitzungstagen ihre Pläne für das weitere Vorgehen offenlegen muss. Auf die Abstimmung hatten Rebellen aus Mays konservativer Partei gedrungen. Auf die Abstimmung hatten Rebellen aus Mays konservativer Partei gedrungen.

  • 15. Jänner 2019: Das britische Parlament entscheidet sich klar gegen das von der britischen Premierministerin ausverhandelte Brexit-Abkommen. Mit 432 zu 202 Stimmen votieren die Abgeordneten in London gegen den Deal. Die oppositionelle Labour-Partei stellt sofort nach der Abstimmung einen Misstrauensantrag gegen die Regierung.

  • 16. Jänner 2019: Die britische Premierministerin Theresa May übersteht ein Misstrauensvotum und sucht nun nach einem Ausweg aus der Sackgasse, um an einem Plan B für den Brexit zu arbeiten.

  • 21. Jänner 2019: Kein zweites Referendum, keine Verschiebung des Austrittsdatums Ende März, dafür aber weiterhin Gespräche mit der Opposition und neuerliche Verhandlungen mit der EU in puncto Nordirland – bei ihrer kurzen Rede im britischen Unterhaus hat die britische Premierministerin May kaum Neues zu präsentieren. Auch ein „No Deal“-Szenario schließt sie nach wie vor nicht aus.

    Einzig ein Zugeständnis in Richtung EU gibt es: Eine Gebühr von 65 Pfund für die Ausstellung von Aufenthaltsgenehmigungen für EU-Bürgerinnen und -Bürger wird es doch nicht geben.

    Der Einheit der verbleibenden 27 EU-Staaten drohen unterdessen erste Risse. Doch bleibt Brüssel hart.

  • 5. Februar 2019: Die britische Premierministerin bekräftigt ihr Engagement für eine offene Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland. Gleichzeitig hält sie aber fest, dass das Austrittsabkommen mit der EU ohne Änderungen am „Backstop“[1] chancenlos wäre.

  • 7. Februar 2019: Die britische Premierministerin Theresa May bleibt bei ihrem neuerlichen Versuch, die EU zu Zugeständnissen zu bewegen, erfolglos. Um doch noch einen Weg für einen geordneten EU-Austritt des Vereinigten Königreichs zu finden, wurden aber neue Gespräche vereinbart. Nach einem Treffen mit EU-Ratspräsident Donald Tusk in Brüssel sagt May, sie wolle den Austritt wie vorgesehen Ende März vollziehen. „Ich werde beim Brexit liefern, ich werde pünktlich liefern“, so May.

  • 20. Februar 2019: Die Zerfallserscheinungen bei den britischen Großparteien im Zuge des Brexits nehmen ihren Lauf. Bei Labour hatten sich zuvor mehrere Abgeordnete abgespalten und zu einer unabhängigen Gruppe im Parlament zusammengetan. Schneller als erwartet erhält diese nun Zuwachs – drei Tory-Abgeordnete schließen sich ihr an.

  • 2. März 2019: Brüssel will London im Brexit-Streit über den sogenannten Backstop für Irland weiter entgegenkommen. Die EU ist laut deren Chefunterhändler Michel Barnier bereit, Garantien abzugeben, dass der Backstop nur temporär sein soll.

  • 11. März 2019: Die britische Premierministerin Theresa May erhält von der EU neue Zusicherungen für den Brexit. EU-KommissionspräsidenJean-Claude Juncker kündigt am Abend in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Straßburg „rechtliche Garantien“ an, die May helfen könnten, dass der von ihr ausgehandelte Deal doch noch das Abgeordnetenhaus passiert.

    Konkret geht es bei den Änderungen um den „Backstop“, jene Notlösung, die eine offene Grenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland sicherstellen soll.

    Die dem Brexit-Deal rechtlich gleichgestellte Ergänzung enthalte drei Kernpunkte, so May. Erstens soll die Regelung garantieren, dass die EU den „Backstop“ nicht unbeschränkt verlängern kann. Sollte sie das tun, kann die Entscheidung durch ein Schiedsgericht angefochten und bei einem entsprechenden Urteil von Großbritannien suspendiert werden. Schließlich räumt die Ergänzung den Briten das Recht auf eine „unilaterale Erklärung“ ein. Diese stecke die „britische Position unter gewissen Umständen ab“.

    Weiters würden sich Großbritannien und die EU durch das Dokument verpflichten, sofort Verhandlungen über einen Ersatz für den „Backstop“ zu starten und diesen bis 2020 zu entwickeln.

  • 12. März 2019: Die britische Premierministerin scheitert auch im zweiten Anlauf mit ihrem Brexit-Deal im Parlament. Die überwiegende Mehrheit des Abgeordnetenhauses stimmt gegen ihre Pläne. Für die Opposition ist Mays Deal „tot“ – die Regierungschefin gerät weiter unter Druck.

  • 13. März 2019: Das Parlament in London lehnt einen EU-Austritt Großbritanniens ohne ein Abkommen mit der EU ab. Die Abgeordneten stimmen mit 321 zu 278 Stimmen gegen einen Brexit ohne Deal. Premierministerin May will nun noch ein drittes Mal über den Brexit-Vertrag abstimmen lassen. Bei ihren Torys herrscht mittlerweile heilloses Chaos.

  • 14. März 2019: Das britische Unterhaus stimmt mit Mehrheit für eine Verschiebung des geplanten Austritts Großbritanniens aus der EU.

  • 20. März 2019: Die britische Premierministerin bittet die Europäische Union um einen Brexit-Aufschub bis zum 30. Juni des Jahres. Die Frist läuft eigentlich am 29. März ab – zahlreiche EU-Politiker fordern London im Vorfeld des kommenden EU-Gipfels zu Klarheit auf.

  • In einer Rede schließt Theresa May eine Verschiebung des Brexits über den 30. Juni hinaus aus und attackiert das Parlament. „Die Abgeordneten waren unfähig, sich auf einen Weg für die Umsetzung des Austritts des Vereinigten Königreichs zu einigen“, sagte May. Das Resultat sei nun, dass der Brexit nicht wie geplant am 29. März mit einem Abkommen stattfinden könne. „Ich bedauere das persönlich sehr.“

  • 21. März 2019: Die Staats- und Regierungschefs der EU einigen sich auf eine Doppelstrategie: Zunächst ist ein Brexit-Aufschub bis zum 22. Mai möglich – aber auch nur wenn das Londoner Unterhaus den Austrittsvertrag billigt.

    Viele Briten scheinen indessen vom Brexit nichts mehr sehen und hören zu wollen. Bislang über zwei Millionen haben eine Petition unterzeichnet, die einen Verbleib ihres Landes in der EU fordert. Das Gesuch wird auf der Website des britischen Parlaments freigeschaltet. Laut britischen Medien sollen ob des Andrangs die Server für die Eintragung bereits mehrmals zusammengebrochen sein. Für eine Debatte im Parlament sind 100.000 Unterschriften notwendig.

  • 23. März 2019: Rund eine Million Briten aus allen Ecken des Landes nehmen an einem Marsch in der Londoner Innenstadt gegen den Brexit teil. Sie fordern eine zweite Volksabstimmung oder auch die Annullierung des EU-Austrittsentscheids.

  • 27. März 2019: Die britische Premierministerin May zeigt sich dazu bereit, ihr Amt zurückzulegen, um den Ausstieg Großbritanniens aus der EU doch noch umzusetzen.

    „Ich bin bereit, mein Amt früher als geplant abzugeben, um das zu tun, was richtig für unser Land und unsere Partei ist“, so May. „Es war eine Zeit der Prüfungen für unser Land und unsere Partei.“

    „Wir sind kurz davor, ein neues Kapitel anzufangen und an einer besseren Zukunft zu arbeiten.“ Sie habe die „Meinung der Partei“ vernommen, dass es den Wunsch nach „neuen Zugängen – und neuer Führung – in der nächsten Phase der Brexit-Gespräche“ gebe. „Ich werde nicht im Weg stehen“, sagt May.

    Schließlich entscheidet das britische Unterhaus gegen sämtliche acht Brexit-Alternativen. Bei der für die Regierung nicht bindenden Abstimmung über verschiedene Varianten gibt es für kein einziges Szenario eine Mehrheit: Angefangen von einem „No Deal“-Brexit über einige Varianten, die ein engeres Verhältnis mit der EU vorsehen, bis zu einem weiteren Referendum.

    Allerdings stimmt das britische Parlament mehrheitlich für die Verschiebung des Brexit-Termins vom 29. März auf den 12. April 2019.

  • 29. März 2019: Das britische Parlament lehnt den mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Vertrag erneut ab. 344 Abgeordnete stimmen dagegen, 286 dafür. Nun droht dem Land entweder ein Austritt ohne Abkommen am 12. April oder eine lange Verschiebung des Brexits mit einer Teilnahme an der Europawahl Ende Mai 2019.

    Für Premierministerin Theresa May ist das Nein des Parlaments ein weiterer herber Rückschlag.

  • 1. April 2019: Das britische Parlament kann sich auch im zweiten Anlauf nicht auf eine Alternative zum EU-Austrittsabkommen von Premierministerin Theresa May einigen. Das Unterhaus lehnt alle Vorschläge ab.

    Im britischen Parlament ist zudem über eine Petition für einen Widerruf der EU-Austrittserklärung Großbritanniens beraten worden. 6 Millionen Briten haben die Onlinepetition bereits unterzeichnet – ein Rekord. Die Regierung teilt aber mit, dass sie eine Rücknahme der Austrittserklärung ablehnt und sich an das Referendum von 2016 gebunden fühlt. Damals hatte eine knappe Mehrheit der Briten für die Scheidung von der EU gestimmt.

  • 3. April 2019: Nach einem ersten laut britischer Regierung „konstruktiven“ Gespräch zwischen Premierministerin Theresa May und Oppositions- und Labour-Chef Jeremy Corbyn zur Lösung der Brexit-Krise stimmt das Unterhaus für ein Gesetz, das die Regierung zu einer Verschiebung des Brexit über den 12. April hinaus verpflichtet.

  • 8. April 2019: In Großbritannien stimmen die Abgeordneten des Unterhauses einem Gesetz zu, das einen „No Deal“-Brexit verhindern soll. Die Abgeordneten stimmen mit 390 zu 81 Stimmen für das Gesetz, das zuvor das Oberhaus passiert hat. Auch das Königshaus stimmt wenig später dem Gesetzesentwurf zu.

  • 10. April 2019: Nach langen und zähen Verhandlungen einigen sich die EU und Großbritannien auf eine Verlängerung der Frist für den Brexit. Dies soll nun der 31. Oktober 2019 sein. Damit müssen die Briten Ende Mai 2019 bei den EU-Wahlen teilnehmen.

    Parallel dazu ist ausgerechnet in Großbritannien selbst eine immer stärker werdende Volksbewegung für Europa und die EU im Entstehen. Der Brexit hat es möglich gemacht.

  • 16. April 2019: Die erneute Wahlteilnahme der Briten an der Europawahl von Ende Mai bringt das EU-Parlament vor eine schwierige Situation. Eigentlich sollte die Volksvertretung nach dem Brexit von 751 auf 705 Sitze verkleinert werden, wobei manche unterrepräsentierte Mitgliedsstaaten zusätzliche Sitze erhalten sollten. Nun wird die Neuverteilung der Sitze aufgeschoben, bis der Brexit vollzogen ist.


Abgeschlossen: Anfang Mai 2019

Weiterführende LINKS:

Brexit: Hinter den Kulissen des Dramas | Doku | ARTE 2019

Das Brexit Dilemma: Theresa May und der zähe Abschied von Europa Doku (2018)



Anmerkungen:

[1] Brigid Laffan, Brexit: Re-opening Ireland’s „English Question“. In: The Political Quarterly 4/2018, S. 568-575.

Eine Rekonstruktion der vorläufigen Ereignisse (Juni 2016-Dezember 2018) 

Am 23. Jänner 2013 kündigt der damalige britische Premierminister David Cameron ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft Großbritanniens an. Er will damit den anhaltenden Streit um die Europapolitik beenden. Nach verlorener Abstimmung musste er zurücktreten. Seitdem beherrschen die schwierigen und komplexen Brexit-Verhandlungen die Schlagzeilen.  


  • 23. Juni 2016: Im Referendum über einen EU-Austritt stimmen 51,9 Prozent der Stimmbürger für den Brexit.


  • November 2016: Der britische Supreme Court entscheidet: Das britische Parlament hat ein Mitspracherecht beim Austrittsvertrag.


  • 17. Jänner 2017: Premierministerin Theresa May erklärt in einer Grundsatzrede, dass Großbritannien sowohl aus dem EU-Binnenmarkt wie aus der Zollunion austreten werde.


  • März 2017: Das britische Unterhaus stimmt der Aufnahme von Austrittsverhandlungen zu.



  • 19. Juni 2017: Ca. ein Jahr nach der Referendumsabstimmung in Großbritannien werden die Brexit-Verhandlungen in Brüssel vom britischen Brexit-Minister David Davis und vom EU-Chefunterhändler Michel Barnier eröffnet.


  • 21. September 2017: Premierministerin Theresa May versucht in einer Rede in Florenz, den stockenden Brexit-Verhandlungen neuen Schwung zu geben. Sie macht klar, dass London zunächst eine zweijährige Übergangsperiode anstrebt.


  • November 2017: Das britische Parlament nimmt die Beratungen über das EU-Aufhebungsgesetz (Repeal Bill) auf. Mehr als 300 Änderungsanträge werden eingereicht.


  • 7. Dezember 2017: Die EU gibt nach einer in letzter Minute erreichten grundsätzlichen Einigung über einen Austrittsvertrag ihre Einwilligung zur zweiten Phase der Verhandlungen mit Großbritannien.


  • 18. Jänner 2018: Das Unterhaus verabschiedet das EU-Austrittsgesetz. Es soll EU-Recht in Großbritannien nach dem Austritt zunächst ins nationale Recht überführen, um später einzelne Änderungen zu ermöglichen.


  • 28. Februar 2018: EU-Chefunterhändler Michel Barnier stellt den ersten Entwurf für einen Brexit-Vertrag mit Großbritannien vor.


  • 2. März 2018: Premierministerin Theresa May spricht in einer Rede in London von „harten Fakten“, mit denen man beim Brexit zu rechnen habe. Gleichzeitig stellt sie aber klar, dass man nach wie vor ein „maßgeschneidertes“ Abkommen mit der EU erreichen wolle.


  • 7. März 2018: EU-Rats-Präsident Donald Tusk hält fest, dass die EU - anders als von Großbritannien gewünscht - mit London nach dem Brexit nur ein konventionelles Freihandelsabkommen schließen und das Land danach als Drittstaat behandeln will.


  • 23. März 2018: Der EU-Gipfel billigt die provisorische Einigung über eine Übergangslösung nach dem Brexit. Diese soll aber Teil des Austrittsvertrages sein. Vom Tag des EU-Austritts am 29. März 2019 bis zum 31. Dezember 2020 hätte Großbritannien damit alle Pflichten eines EU-Mitglieds, aber keine Stimmrechte.


  • Juni 2018: Am 12. und 13. Juni 2018 findet eine zweitägige Diskussion im britischen Unterhaus über Änderungen des Oberhauses am EU-Austrittsgesetz statt. Premierministerin Theresa May kann sich dabei behaupten. Eine Mehrheit lehnt einen Gesetzesentwurf ab, der dem Parlament weitgehende Mitsprache bei den Brexit-Verhandlungen gewährt hätte.


  • 6. Juli 2018: Theresa May bestellt ihr gesamtes Kabinett auf ihrem Landsitz Chequers zu einer Klausur ein. Dabei schwört sie ihre Minister auf die Linie eines „weichen Brexit“ ein. Kurz darauf erklären der Brexit-Chefunterhändler David Davis und der bisherige britische Außenminister Boris Johnson ihren Rücktritt.


  • 12. Juli 2018: Die britische Regierung stellt ihre Vorschläge für die künftige Beziehung des Landes zur EU in Form eines Weißbuches vor. Im Fokus steht eine Freihandelszone, die den freien Warenverkehr zwischen dem europäischen Kontinent und Großbritannien garantieren soll.


  • 20. Juli 2018: EU-Chefunterhändler Michel Barnier sieht einzelne konstruktive Ansätze. Es würden jedoch in zentralen Punkten noch immer gewichtige unterschiedliche Sichtweisen bestehen, meint er. Er mahnt zur Beschleunigung der Verhandlungen angesichts der knapper werdenden Zeit.




  • 13. November 2018: Die Brexit-Unterhändler Großbritanniens und der EU einigen sich auf den Textentwurf eines Austrittsabkommens.


  • 15. November 2018: Mehrere Minister aus der Regierung von Premierministerin Theresa May treten zurück, weil sie das Brexit-Abkommen mit der EU nicht mittragen wollen. May verteidigt den Deal vor dem Unterhaus, doch es ist unklar, wie sie dafür eine Mehrheit im Parlament erreichen will.


  • 22. November 2018: London und Brüssel einigen sich auf den Entwurf der angestrebten politischen Erklärung zu den künftigen Beziehungen nach dem Brexit. Zusammen mit dem Austrittsvertrag soll dieser Text drei Tage darauf bei einem EU-Sondergipfel in Brüssel von den EU-Staats- und Regierungschefs endgültig gebilligt werden.



  • 11. Dezember 2018: Einen Tag vor der vorgesehenen Abstimmung im britischen Unterhaus über das Trennungsabkommen kündigt Premierministerin Theresa May eine Verschiebung des Votums an.



  • 13./14. Dezember 2018: Die britische Premierministerin Theresa May bekräftigt auf dem EU-Gipfel, dass sie bei der kommenden Parlamentswahl in vier Jahren nicht mehr für ihre Partei antreten werde. Ich sagte, mein Herz würde es lieben, nochmals die Torys in die Wahlen zu führen. Aber ich denke, es ist das Recht der Partei zu sagen, dass sie lieber mit einem anderen Vorsitzenden in die Wahl gehen will.“
    Laut Beobachtern musste die Premierministerin, um die interne Parteikritiker zu besänftigen, dieses Zugeständnis machen. Ihr Fokus, so May, liege jetzt darauf, eine Vereinbarung mit der EU zu erreichen. 
    Die britische Premierministerin hatte zuvor eindringlich um Zugeständnisse bei den „Brexit“-Vereinbarungen gebeten. In ihrem Land habe sich der Eindruck verbreitet, die Nordirland-Klausel in dem Austrittsvertrag sei eine „Falle, aus der das Vereinigte Königreich nicht mehr herauskommt“, so May. Mit den „richtigen Zusicherungen“ vonseiten der EU könne das ausgehandelte „Brexit“-Abkommen im Unterhaus aber doch noch verabschiedet werden, meinte May. Sollte es bei der Auffanglösung kein Entgegenkommen der EU geben, „ist das Abkommen – unser Abkommen – in Gefahr“.
    Die EU-Spitze gibt aber einmal mehr unmissverständlich zu verstehen: Es gebe keine Nachverhandlungen im Brexit-Deal. (European Council - Art. 50 conclusions, 13 December 2018)


  • 14. Dezember 2018: Ärger über die Performance der britischen Premierministerin Theresa May gibt es nicht nur auf dem laufenden EU-Gipfel in Brüssel. Auch in Großbritannien sind die aus Sicht der Briten gescheiterten Versuche, der EU-Seite verbindliche Zugeständnisse abzuringen, auf ein verheerendes Echo bei Opposition und in Medien gestoßen.


  • 17. Dezember 2018: Die von der britischen Premierministerin abgesagte „Brexit“-Abstimmung im britischen Parlament soll nun definitiv nicht mehr vor Weihnachten stattfinden, wie es die oppositionelle Labour-Partei gefordert hatte. Indes mehren sich die Forderungen nach einem zweiten Referendum.
    Ein zweites Referendum, wie jüngst vom ehemaligen britischen Premierminister Tony Blair (Labour Party) in einem Interview gefordert, lehnt May ab. Dieses würde „der Integrität unserer Politik irreparablen Schaden“ zufügen, heißt es.



  • 19. Dezember 2018: 100 Tage vor dem geplanten „Brexit“ stellt die EU-Kommission einen Notfallplan für den Fall „No Deal“ beim „Brexit“ vor. Es handelt sich um ein Paket mit 14 Maßnahmen als ersten Schritt.
    Die 14 Maßnahmen decken Bereiche ab, wo die Gefahr bestehe, dass es größere Störungen bei einem „No Deal“ gebe, und wo die ursprünglichen Maßnahmen nicht reichen würde. Dabei handle es sich „um eine Schadensbegrenzung“, heißt es aus Brüssel. Zu den Maßnahmen zählen die Finanzdienste, der Flugverkehr, der Zoll sowie die Klimapolitik.


Abgeschlossen: 30. Dezember 2018