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Eberhard Birk
„Ich kann wohl sagen, mein Lebtag nichts Schöneres gesehen zu haben." Ein neuer Blick auf die Lineartaktik
Ein österreichischer Offizier schrieb über die im Rahmen der Lineartaktik agierenden preußischen Infanterie in der entscheidenden Phase der Schlacht bei Mollwitz am 10. April 1741 unter anderem: „Ich kann wohl sagen, mein Lebtag nichts Schöneres gesehen zu haben. Sie marschierten mit der größten Contenance und so schnurgleich, als wenn es auf dem Paradeplatz wäre.“ Kaum ein anderer zeitgenössisches Zitat ist vor dem Hintergrund einer Schlachtbeschreibung geeignet, so viele Details über das Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis der Lineartaktik im Rahmen absolutistischer Landkriegführung zwischen ästhetischem Wohlgefallen und offenem Ausgesetzt-Sein gegenüber feindlichem Feuer zu verdeutlichen: Grundsätze der Truppenführung, wirtschaftliche Ressourcen und Bewaffnung, geometrische Ordnung und deren Auflösung, Disziplin, Moral und außerweltlicher Beistand. Das wirft auch die grundsätzliche Frage auf, mit welcher Motivation die Soldaten kämpften, deren Erfahrungsräume in Kriegen, Feldzügen und Schlachten von den Faktoren Stress, Furcht, Verwundung und Tod geprägt waren.
Bei der Betrachtung der analysierten Beurteilungs-, Rezeptions- und Deutungsmuster erwies sich die Einführung und Beibehaltung der Lineartaktik als ein komplexes und differenziert zu analysierendes System, das die Demonstration eines zeittypischen Formwillens abbildete. Selbstdarstellung von Hof und Armee, die Farben und das Renommee eines Regiments, die Inszenierung einer Ästhetik des Schlachtfeldes bzw. des Krieges wie das Hofleben, die höfische und militärische Nähe zum Monarchen sowie das Selbstverständnis von Offizierskorps und Hofadel entsprachen ähnlichen bzw. gleichen Funktionsmechanismen: sie alle dienten - wie auch die Kunst - als ordnungspolitische Stabilisatoren einer zahlreiche Handlungsfelder umfassenden politischen Kultur des Absolutismus. Axialsymmetrische Form und repräsentative Ausstrahlung von Hof und Militär waren die dem absolutistischen Staatssystem adäquaten Dominanten. Die Lineartaktik war dabei die militärisch-funktionale Ableitung einer sich selbst bespiegelnden Gesamttypologie von zeitkontextualem Selbstverständnis und ihrer Selbstbestätigung im 17. und 18. Jahrhundert. Aufbau, Beibehaltung und Evaluationsformen machen sie zum Spiegelbild der politischen und gesellschaftlichen Ordnungsvorstellungen auf militärischem Terrain.
Christian Wolf
A Strong Britain in an Age of Uncertainty. Die aktuelle Sicherheitsstrategie des Vereinigten Königreichs
Inhalt dieses Artikels ist eine Analyse der aktuellen sicherheitspolitischen Strategie des Vereinigten Königreichs und deren Hintergründe, weil die Folgen der von Whitehall getroffenen Entscheidungen unverändert die weitere Entwicklung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU beeinflussen. Dieser Umstand führt zur Frage, wie sich die aktuelle Sicherheitsstrategie des Vereinigten Königreichs darstellt, welchen Einflüssen sie unterworfen ist und welche sicherheitspolitischen Auswirkungen daraus abgeleitet werden können. Im Mittelpunkt der Betrachtungen steht daher das im Oktober 2010 veröffentlichte Dokument „A Strong Britain in an Age of Uncertainty: The National Security Strategy“, kurz NSS2010 genannt, die auf sie wirkenden Konstanten des britischen politischen Systems und die Implikationen der NSS2010 auf das Verhältnis zu den USA und der EU. Die NSS2010 greift die über den tagespolitischen Geschehen stehenden nationalen Interessen Großbritanniens auf, und macht sie zur Basis der von Großbritannien verfolgten Ziele. Diese und weitere wesentliche Konstanten des britischen politischen Systems, stellen den Strategiebildenden Rahmen und zugleich die Metaebene der Sicherheitspolitik Großbritanniens dar. Diese Parameter stellen sicher dass, wenn auch durch den Regierungswechsel neue Akzente und Prioritäten in der Außen- und Sicherheitspolitik gesetzt worden sind, der Kurswechsel eher einen schwach-evolutionären denn einen revolutionären Charakter hat. Die schwierige wirtschaftliche Lage des Landes und das Diktat der leeren Staatskassen, sind jedoch jene realpolitischen Faktoren, die, weit mehr als der Regierungswechsel, die Richtlinien und Aussagen der NSS2010 geprägt haben.
Die Analyse des Strategiepapiers ergab weiters, dass sich Whitehall, entgegen dem oftmals beschworenen Nationalstolz, dem Wert seiner Partnerschaften und Allianzen sehr wohl bewusst ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich Downing Street Nr.10 auch in Zukunft, wenn immer möglich, um eine Sonderstellung für Großbritannien in der EU bemühen wird. Die NSS2010 stellt somit den politisch-strategischen Rahmen dar, innerhalb dessen sich die britische Außen- und Sicherheitspolitik in absehbarer Zukunft bewegen wird. Die nachgeordnete SDSR2010 ist ein militärstrategisches Grundsatzdokument, welches die sicherheitspolitischen Vorgaben und Richtlinien der NSS2010 in eine militärisch handhabbare Doktrin umsetzt. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass Großbritannien am Erhalt leistungsfähiger, weltweit interventionsfähiger Streitkräfte im finanziell machbaren Rahmen, festhält. Unbestreitbar ist, dass die exzellenten historisch gewachsenen, weltweiten Verbindungen des Landes, umsichtig als globales Netzwerk eingesetzt, für die Stärkung der britischen Position von großem Vorteil sein können. Großbritannien ist auch die stärkste Brücke Europas im transatlantischen Sicherheitsverbund. Die englische Sprache als globales Sprachrohr des UK ist die lingua franca des Informationszeitalters. Aber die von der NSS2010 beschriebene multipolar vernetzte Welt des 21. Jahrhunderts bewegt sich im Takt der Globalisierung und nimmt auf historische Größe zunehmend weniger wenig Rücksicht. Der Union Jack hat viel von seinem einstigen Glanz und seiner dominierenden Position eingebüßt, auch wenn ein frischer Wind aus Downing Street Nr.10 ihn stolz und erhaben über Großbritannien und darüber hinaus, wehen lassen möchte.
Franz-Josef Meiers
Aufbau, Umbau, Abbau; die Neuausrichtung der Bundeswehr
Clemens A. Eicher
Anatomie der Zwangs- und Gewaltmittel im Rahmen der Außenpolitik
Aus diesem Anschauungsmaterial soll nun im Rahmen der nachfolgenden Ausführungen nur jener Teil herausgefiltert und aufbereitet werden, wo mit der Androhung und/oder Anwendung von Zwangs- oder Gewaltmitteln gearbeitet wird. Um der Realität gerecht zu werden, hat sich der Verfasser dazu entschieden auch den außengerichteten Staatsterrorismus und den aktiv-staatlich-unterstützten Terrorismus zu berücksichtigen, obwohl ihre Einsatz gegen das klassische Völkerrecht verstößt! Man kann mit Fug und Recht hierzu resümieren, dass auch Regierungen zweifelsohne das Instrument Terrorismus einsetzen, um ihre Interessen im Rahmen der Außenpolitik zu wahren.
Die unmittelbare und mittelbare Verwendung von Zwangs- und Gewaltmitteln wird nach wie vor als probat empfunden, wenn eigene Interessen im Rahmen der Außenpolitik verfolgt und auch durchgesetzt werden sollen. Dieser Befund wird auch nicht durch den hohen, aber chaotischen Bestand an Normen und Verfahrensregeln für die Regelung von Konflikten zwischen Staaten des modernen Staatensystems geschmälert. Vielmehr dürfte es so sein, dass die institutionalisierte Variante der Streitbeilegung - internationale Regime - zwischen Staaten nur dann präferiert wird, wenn die Verfahrensregeln zur Streitbeilegung zum eigenen Vorteil gereichen oder das Potenzial zur Druck- oder Gewaltanwendung zu gering ausfällt.
Depuis l’existence du système d’états international et moderne, les gouvernements se concurrencent continuellement pour leurs positions dans la structure du pouvoir et/ou du militaire. Cette concurrence entre les différents gouvernements ne peut pas seulement se passer dans un système, il est aussi possible qu’une certaine position de pointe soit mise à disposition sur le plan militaire ou de pouvoir public, au niveau régional comme local. Pour obtenir, assurer ou étendre un positionnement visé sur les plans mentionnés plus haut, les gouvernements concernés disposent d’une gamme d’instruments ou de moyens efficaces. En identifiant les moyens qui rendent les gouvernements capables, dans le cadre de leur comportement extérieur, de motiver d’autres gouvernements à entreprendre des actions qu’elles ne feraient pas volontairement, nous rencontrons des documents différemment groupés. De ces documents, on filtrera et préparera dans le texte suivant seulement la partie où on évoque la menace et/ou l’utilisation des moyens de violence et/ou de force. Pour satisfaire à la réalité, le rédacteur a décidé de prendre aussi en considération le terrorisme étatique orienté vers l’extérieur et le terrorisme activement soutenu par l’état, bien qu’une telle tactique contrevienne au droit international classique. On peut résumer à juste titre que des gouvernements utilisent sans aucun doute l’instrument du terrorisme pour défendre leurs intérêts dans le cadre de leur politique extérieure. L’utilisation directe et indirecte des moyens de force et de violence est toujours vue comme un moyen éprouvé quand on poursuit des intérêts dans le cadre de la politique extérieure et quand on veut aussi les imposer. Ce constat n’est pas non plus diminué par le nombre élevé mais chaotique de normes et directives d’exécution installées pour le règlement de conflits entre les pays d’un système d’états moderne. Il se pourrait plutôt que la variante institutionnalisée de résolution de conflits - c’est-à-dire des régimes internationaux - sera seulement préférée parmi des états si les directives d’exécution pour la résolution de conflits apportent des avantages propres, ou si le potentiel nécessaire pour exercer de la pression ou de la violence s’avère être insuffisant.