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Martin Pabst
Der „Arabische Frühling" bringt Bewegung in den Westsaharakonflikt
Nun bringt der „Arabische Frühling“ Bewegung in den Konflikt. Im marokkanisch kontrollierten Gebiet fordern marginalisierte Saharauis die Verwaltung mit Protesten heraus. Darüber hinaus verändert sich das regionalpolitische Umfeld. Für zusätzliche Dynamik sorgen dschihadistische Gruppen aus dem Sahelraum, die im Oktober 2011 erstmals im Grenzgebiet Algerien/Westsahara zuschlugen.
Zweifelsohne ist der Westsaharakonflikt in den Regionalkonflikt zwischen Algerien und Marokko eingebettet. Doch wird man die POLSARIO-Front genauso wenig als „Erfindung Algeriens“ abtun können wie seinerzeit den südafrikanischen Afrikanischen Nationalkongress (ANC) als „Erfindung Moskaus“. In der EU tendieren die nordeuropäischen Staaten heute zur POLISARIO-Front, die südeuropäischen Staaten zu Marokko. Marokko sieht sich als Stabilitätsfaktor in der Region. Ob es diese Rolle aufrecht halten kann, ist allerdings umstritten. In diversen Vereinbarungen mit Marokko hat die EU die Angliederung der Westsahara praktisch anerkannt.
Der „Arabische Frühling“ macht sich auch in den Flüchtlingslagern bemerkbar. So erfolgten dort zum Jahreswechsel 2011/12 Demonstrationen jugendlicher Saharauis, die Reformen in der straff geführten POLISARIO-Front und neue Ansätze zur Überwindung des Status quo forderten. Wird sich die Flüchtlingsjugend mit dem marokkanischen Autonomieangebot anfreunden? Wird sie im Gegenteil einen militanteren Kurs fordern, wie von der 2004 gegründeten Fraktion Frente POLISARIO Khat al-Shahid propagiert? Oder werden frustrierte Jugendliche ihr Heil in der Migration nach Europa suchen?Jedenfalls bringt der „Arabische Frühling“ Bewegung in den festgefahrenen Westsahara-Konflikt. Mit seiner Lösung könnten ein Jahrzehnte altes Flüchtlingsproblem beseitigt und ein zentrales Hindernis für die Arabische Maghreb-Union überwunden werden.
Robert Ditz/Miirjanka Lechthaler/Reinhard Mang
Geostrategie und Kartenwissenschaft
Die Bedeutung der Geowissenschaften, darunter insbesondere der Kartenwissenschaft, für alle Arten georäumlich orientierter Entscheidungsverfahren liegt auf der Hand. Mit dem Ziel der Bereitstellung adäquater Entscheidungsgrundlagen liegt die Aufgabe der Kartenwissenschaft in der Visualisierung zweidimensionaler Modelle des geografischen Raumes - der Geomodelle -, die zuvor durch Fachwissenschaftler (z.B. einem Militärgeografen oder einem Geostrategen) aus einer transintelligiblen Realität gebildet wurden. Wie nahezu jede Wissenschaft gliedert sich auch die Kartenwissenschaft in einen grundlagenorientierten Bereich Kartologie, einen regelschaffenden Bereich Kartonomie und einen anwendungsorientierten Bereich Kartografie. Ihre grundsätzlich integrative Arbeitsweise verbietet jegliche Art permanenter aufbau- und ablauforientierter Auslagerung von Teilbereichen auf benachbarte wissenschaftliche oder gar rein technische Aktivitätsfelder. Die Leistungsfähigkeit der Kartenwissenschaft begründet sich erst und gerade in einem synergetischen Miteinander ihrer Elemente.
Aus diesem Grunde stellt auch auf höchster, geostrategischer Entscheidungsebene nur ein fundiertes, grundlegendes Verständnis über das Zusammenwirken dieser Elemente sicher, dass die als Entscheidungsbasis dienenden kartenwissenschaftlichen Produkte richtig bewertet, interpretiert und angewendet werden. Die Kartenwissenschaft kann nur dann eine Wissenschaft sein, wenn sie selbst in allen Teilen wissenschaftlichen Kriterien verpflichtet ist. Eine Kartenwissenschaft im Sinne der angegebenen Definition kann deshalb dazu beitragen, künftig den Missbrauch georäumlich orientierter Visualisierungen aufzuzeigen, zu vermeiden und damit Entscheidungsqualitäten maßgeblich zu optimieren.
L’importance des sciences géographiques, et parmi elles la science cartographique, est évidente pour tous les types de prise de décision qui ont une orientation geóspatiale. Poursuivant le but de la mise à disposition de critères de décision adéquats, la tâche de la science cartographique réside dans la visualisation de modèles bidimensionnels de l’espace géographique - c’est-à-dire des géomodèles - qui étaient créés auparavant à partir d’une réalité transintelligible par des scientifiques spécialisés (p. ex. par un géographe militaire ou un géostratège). Comme presque chaque science, la science cartographique se subdivise en un domaine de base, nommé « cartologie », en un domaine de réglementation et un domaine d’application, nommé « cartographie ». La technique de travail en principe intégrative interdit toute sorte de transfert d’activités scientifiques (concernant leur structure et leur mise en œuvre) à des domaines scientifiques avoisinants ou même à des domaines d’activités purement techniques. La capacité de performance de la science cartographique est seulement et surtout fondée sur la coopération synergétique de ses composantes. C’est pourquoi, aussi au niveau décisionnel le plus haut, c’est-à-dire au niveau géostratégique, seulement une compréhension de base fondée sur la coopération de ces éléments peut assurer que les produits de science cartographique qui servent de base décisionnelle sont correctement évalués, interprétés et appliqués. La science cartographique peut seulement être une science quand elle-même suit les critères scientifiques dans tous ses détails. Pour cette raison, une science cartographique pratiquée dans le sens des définitions mentionnées plus haut peut contribuer dans le futur à démontrer l’abus de visualisations géospatialement orientées, à les éviter et ainsi considérablement optimiser les qualités de décision.
Andreas W. Stupka
Soldaten! Der Zweite Polnische Krieg hat begonnen! Der Russlandfeldzug von 1812
Mit diesem Aufruf Napoleons wurde die größte Truppenmassierung in Bewegung gesetzt, die die Welt bis zu diesem Zeitpunkt zu Gesicht bekommen hatte. Der Kaiser der Franzosen war mit einer gewaltigen Armee gegen Russland aufmarschiert und ins Land eingefallen. Wie ein alles verschlingender Lindwurm rückte dieser Heereszug gegen Moskau vor. Die Russen stellten sich erst spät zur Schlacht. Borodino war mit rund 80.000 Gefallenen und Verwundeten das verlustreichste Treffen der gesamten napoleonischen Epoche gewesen und hatte im ersten Anschein nur wenig gebracht. Moskau wurde erobert. Napoleon hatte die Schlacht zwar in gewisser Weise für sich entschieden, sie markierte aber den Wendepunkt für das ambitionierte Unternehmen einer Niederwerfung Russlands. Der Feldzug geriet zum Desaster und aus dem unbezwingbaren Löwen Napoleon war nach dieser Anstrengung ein nahezu zahnloser Tiger geworden. Das gesamte Imperium, das er innerhalb nur weniger Jahre aufgebaut hatte, zerfiel nach diesem Aderlass des Russlandabenteuers. Die Völkerschlacht von Leipzig bildete dann den Schlussstein französischer Hegemonie über Europa. Zu hoch gesteckte strategische Zielsetzungen, militärstrategische Fehlbeurteilungen, Überraschungen in der Operationsführung, taktische Besonderheiten und unterschätzte Logistik bilden in ihrer Kombination nichts einmaliges, sondern können sich in unterschiedlicher Form immer wieder so ausprägen. So dürften auch bei manchen der nicht gelingen wollenden Feldzüge unserer Tage einige dieser Parameter wieder in ähnlicher Art und Weise zusammengefallen sein. Für den militärwissenschaftlichen Kontext ist es daher von entscheidender Bedeutung, Feldzüge zu analysieren und Erkenntnisse abzuleiten, um den zukünftigen Einsatz von Truppen nicht nur in materieller Hinsicht, sondern v.a. in Bezug auf das Führungshandwerk optimieren zu können. Gerade für die Durchführung von modernen Friedensoperationen, die in der Regel Angriffshandlungen bzw. Invasionen darstellen: zur Befriedung des Landes durch die Niederwerfung des Gegners, zur Trennung von kämpfenden Truppen oder zur Stabilisierung weiter Landstriche, eignet sich die Betrachtung von Napoleons Feldzug aus dem Jahre 1812.
Ohne die entsprechende Versorgungssicherheit hätte Napoleon diesen Feldzug nicht antreten dürfen, da er immer mit einem Ausweichen der Russen bis zur möglichen Entscheidungsschlacht unmittelbar vor Moskau hat rechnen müssen. Das Konzept des Kleinkrieges und das Zusammenwirken von regulären und irregulären Streitkräften finalisierte den Sieg der Russen in besonderer Weise. Ausschlaggebend für diesen Erfolg aber war die militärstrategische Entscheidung zur beweglichen Verteidigung mit der beabsichtigten Ermattung des Gegners sowie der Ausnutzung von Raum und Witterung. Das Genie Napoleons hat in diesem Feldzug weitgehend versagt, da er in seiner Denkart auf die Vernichtungsstrategie ausgerichtet war, deren Möglichkeit ihm in allen bisherigen Feldzügen aufgrund der Beengtheit des Raumes in Europa als vorteilhaftere Lösung auch geboten worden war.
Horst Pleiner
Der Arabische Frühling und seine sicherheitspolitischen Auswirkungen
Ein weiterer Problemkreis ist die mögliche weitere Destabilisierung des Verhältnisses zwischen Israel und seinem Umfeld. Mit einer Verschärfung der allenfalls auch nur ideellen Konfrontation muss aber auch mit einer Verschärfung des Terrorismus gerechnet werden, wobei in Zukunft eben die Täter nicht erst einreisen werden, sondern bereits vor Ort und damit zunehmend schwerer zu erkennen sind. Eine weitere Stärkung der Tendenz zur Verschärfung des Überwachungsstaates mit allen erwartbaren positiven und negativen Begleiterscheinungen kann dann nicht ausgeschlossen werden.
Schließlich bildet das iranische Nuklear- und Raketenprogramm einen zusätzlichen Problemkreis, der sich durch die mehrschichtige Handlungsweise des Irans und dabei v.a. durch die Unterstützung dienlicher Kräfte in den Ländern des „Arabischen Frühlings“ abzeichnet. Was den Interessen des Irans dient und den Antiamerikanismus verstärkt, wird dabei gefördert und damit versucht, auf dem Weg über eine Destabilisierung die angestrebten Ziele zu erreichen. Schon die potenzielle Bedrohung Israels hat für Israel ausgereicht, sozusagen laut über die gewaltsame Ausschaltung derselben nachzudenken. Dabei spielt es keine Rolle mehr, ob der Iran nun tatsächlich an der Entwicklung von Atomsprengköpfen und Raketen mit einer Reichweite von bis zu 10.000 km arbeitet.
Der „Arabische Frühling“ muss u.a. vor dem Hintergrund des anhaltenden Atomkonflikts mit dem Iran als ein Ausgangspunkt bedeutender zukünftiger Entscheidungen in größerem Zusammenhang gesehen werden.
Dans cette analyse, on entend par le terme « printemps arabe » les développements évolutionnaires ou révolutionnaires qui, en commençant par la Tunisie, se poursuivent maintenant jusqu’en Egypte, le Yémen, la Lybie, le Maroc, le Bahreïn et la Syrie, visant un changement des situations politiques. On va consciemment renoncer à nommer le but de l’instauration d’une démocratie occidentale comme un critère global de ce mouvement. Cependant, si on regarde plus attentivement, on voit qu’on ne doit pas surestimer les approches faites dans cette direction et que la mise en relief reconnaissable de ces chemins vers une démocratie vécue par les média allemands devrait être basée en partie sur une surestimation des événements qui ne reflètent que très superficiellement l’image réelle. C’est là que réside un problème important concernant la perception différente des événements du procès qui fut initié par le « printemps arabe » et qui n’est toujours pas fini en Europe, y inclus l’Autriche et les pays affectés. La gamme des effets de la politique de sécurité du « printemps arabe » - dont le développement n’est pas encore fini - est énorme et dépend de l’envergure de l’imposition des groupements modérés ou radicaux. Les effets se montrent, par exemple, sur le plan politique et économique des pays affectés, c’est-à-dire leur stabilité et, ainsi, leur fiabilité en tant que partenaires économiques. De plus, une tendance vers une migration plus vaste de mécontents venant de ces pays va se produire si on n’arrive pas à créer des perspectives correspondantes là-bas. En cas d’une plus grande perméabilité de ces régions pour la migration vers l’Europe, on doit s’attendre à un autre défi pour la politique de sécurité. Une autre problématique est la possibilité d’une déstabilisation continue de la relation entre Israël et son voisinage. Avec une aggravation de cette confrontation, même si ce n’est que sur le plan idéel, on doit aussi s’attendre à une intensification du terrorisme où les criminels n’auront plus besoin d’entrer dans le pays parce qu’ils seront déjà sur place et, donc, plus difficiles à identifier. Ainsi, on ne peut pas exclure la tendance d’un renforcement de l’état de surveillance avec tous les effets accompagnateurs positifs et négatifs. Finalement, le programme nucléaire et de missiles iranien pose un autre problème qui se dessine par les actions multicouches de l’Iran, surtout sous forme de l’appui fourni pour des forces utiles dans les pays du « printemps arabe ». On soutient ce qui sert aux intérêts de l’Iran et renforce l‘antiaméricanisme pour ainsi arriver à ses buts par le biais d’une déstabilisation. Déjà la menace potentielle d’Israël a suffi pour Israël de penser à haute voix à une élimination de celui-ci, pour ainsi dire. Dans ce contexte, cela ne joue plus un rôle si l’Iran est vraiment en train de développer des ogives nucléaires et des missiles avec une portée jusqu’à 10 000 km. Le « printemps arabe » doit donc être vu, devant le conflit nucléaire continu avec l’Iran, comme un point de départ pour des décisions futures importantes dans un contexte plus large.