Editorial

Hoch geehrte Leserinnen und Leser!


Die Österreichische Militärische Zeitschrift hat sich in den letzten zehn Jahren in zweierlei Hinsicht substanziell weiterentwickelt: zum einen thematisch, zum anderen mit Bezug auf ihre militärwissenschaftliche Funktion.

Thematisch hat sie sich von einer eher allgemein militärgeschichtlichen zu einer verstärkt operations- und strategiegeschichtlichen Betrachtungsweise, von einer sicherheitspolitisch geleiteten, hin zu einer gesamtstrategischen, auf aus der militärwissenschaftlichen Forschung abstrahierten Führungsprinzipien basierenden Beurteilungslogik gewandelt und sich damit stärker auf die militärwissenschaftlichen Kernfächer ausgerichtet.

Hinsichtlich ihrer Beitragsleistung zur Herausbildung einer selbstständigen Militärwissenschaft, hat die Österreichische Militärische Zeitschrift eine Entwicklung von der ausschließlichen Publikationsaufgabe hin zu Wissensgenerierung, Forschung und Lehre vollzogen.

Gleichzeitig wurde unter Festhalten an Deutsch als der leitenden Sprache für die Druckausgabe, das auch weiterhin alternativlos notwendig bleibt, um der Tiefe der Beiträge, insbesondere im Bereich der Strategie, der Strategietheorie, der kulturraumspezifischen militärischen Führungsphilosophie, der Polemologie etc., gerecht zu werden, versucht, sich für den englischen Sprachraum zu öffnen. Dieser Ansatz erfolgte über den Online-Auftritt der ÖMZ - zunächst mit dem nach Englisch übersetzten dem Peer-Review unterworfenen Beitrag der Druckausgabe und einzelnen, über die Printversion hinausgehenden, häufig bereits in Englisch verfassten Aufsätzen.

Nunmehr liegt ein Relaunch der ÖMZ-Homepage vor, der einerseits aus technischen Gründen notwendig geworden ist, andererseits das neue Erscheinungsbild mit Bedienerfreundlichkeit und voller Nutzbarkeit auch auf kleineren Endgeräten (Tablet, Handy) verbinden soll, dessen Struktur auf das neue Aufgabenprofil zugeschnitten ist, und der auf fünf tragenden thematischen Säulen aufbaut.


Neu hinzugekommen ist mit dem Format „Austrian Military Journal (AMJ)“ eine weitere Leistung der ÖMZ, die wir uns freuen mit dem vorliegenden Relaunch vorstellen zu dürfen. Nach den ersten Ansätzen, jeweils den dem Peer-Review unterworfenen Beitrag und einzelne, ausschließlich für den online-Auftritt vorgesehene Aufsätze in Englisch in das Netz zu stellen, sind wir beginnend mit den Inhalten der Ausgabe 2/2021, dank der Unterstützung durch das Sprachinstitut des Bundesheeres in der Lage, die Kerninhalte des Heftes zusätzlich zur Druckversion regelmäßig als „Austrian Military Journal (AMJ)“ über das Internet zur Verfügung zu stellen. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, die ÖMZ auch im internationalen Ranking militärwissenschaftlicher Publikationen sichtbar zu machen.


Dementsprechend wird der neue Online-Auftritt in fünf tragende thematische Säulen gegliedert:

  • Die Ergänzung zur „Österreichischen Militärischen Zeitschrift - Druckversion“: Hier finden sich die dem Peer-Review-Verfahren unterworfenen Beiträge in Deutsch, das Archiv der Druckausgaben (Ausgaben seit 2010) und ausgewählte Grafiken zu den im Print erschienen Beiträgen. Es werden in diesem Bereich aber (mit Ausnahme des dem Peer-Review unterworfenen Beitrags) keine deutschsprachigen Beiträge der Druckversion online gestellt.
  • „Online Only“-Inhalte: In diesem Bereich des Online-Auftrittes werden Beiträge veröffentlicht, die über die Inhalte der ÖMZ-Druckversion und des AMJ hinausgehen. Zusätzlich finden sich in diesem Bereich die „ÖMZ-Einblicke“ und die Jahreschroniken.
  • Das „Austrian Military Journal (AMJ)“: Hier werden Einzelbeiträge der Druckausgabe („Kerninhalt“) nach Englisch übersetzt und geringfügig zeitversetzt zum Erscheinen des jeweiligen Heftes online gestellt.
  • Militärwissenschaftliche Forschung: In diesem Teil des Online-Auftrittes wird über Stand und Zwischenergebnisse der Forschungsprojekte informiert, die durch die Redaktion der ÖMZ geleitet werden, bzw. zu denen sie beiträgt. Insbesondere wird hier über die Rolle der ÖMZ innerhalb der „International Society of Military Sciences“ (ISMS) berichtet. In einer weiteren Ausbaustufe soll die von der ÖMZ angebotene militärwissenschaftliche Diskussionsplattform zu einem Strategie-Think-Tank aufwachsen.
  • Die „Wiener Strategiekonferenz“: Diese fünfte thematische Säule des Online-Auftrittes widmet sich der von der Redaktion der ÖMZ jährlich durchgeführten Wiener Strategiekonferenz, die sich zu einer Strategie-Entwicklungs- und -Diskussionsplattform für den deutschen Sprachraum entwickelt hat. Hier finden sich neben Hinweisen zur thematischen Ausrichtung der Folgekonferenz auch eine Übersicht über den bereits erschienenen Konferenzbänden und die dazugehörigen ergänzenden Grafiken. Darüberhinaus führen „Links“ von hier zu den auf YouTube veröffentlichten Vorträgen und Diskussionen der vergangenen Strategie-Konferenzen (Livestream).
  • Im Bereich Service wird über die Redaktion und das Redaktionsteam einschließlich der Kontaktmöglichkeiten informiert, Bestellformulare angeboten und nützliche Hinweise für Autoren gegeben.


Wir wünschen Ihnen erkenntnisreiche Einblicke in die auf der neuen Homepage bereitgestellten Forschungsergebnisse und Beiträge und hoffen, Sie als Leser/Leserinnen und auch als Autoren/Autorinnen gewinnen zu können, die den bewährten Stellenwert des Journals nunmehr kombiniert mit der durch das Internet ermöglichten größeren Reichweite und der Option, auch an einem über den deutschen Sprachraum hinausgehenden militärwissenschaftlichen Diskurs teilnehmen zu können, nutzen wollen. Dies gilt insbesondere auch für Studierende, die Publikations-Credits für internationale Studiengänge oder für eine künftige Karriere an einer internationalen Bildungseinrichtung sammeln wollen.


Brigadier i.R. MMag. Wolfgang Peischel, PhD




Geschichte der ÖMZ


Im Jahr 1808 erschien erstmals eine Österreichische Militärische Zeitschrift, und diese Zeitschrift gibt es heute noch. Mit einem Fortbestand durch 200 Jahre handelt es sich bei der ÖMZ mit Fug und Recht also um die älteste noch bestehende militärische Fachzeitschrift der Welt - eine erstaunliche Tatsache, die die Verantwortlichen mit großem Stolz erfüllen darf. Somit ist die ÖMZ selbst um ein Jahr älter als der „Brockhaus“, der 1809 erstmals als „Kurzgefasstes Wörterbuch für die in der gesellschaftlichen Unterhaltung aus den Wissenschaften und Künsten vorkommenden Gegenstände“ herausgegeben wurde. Die ÖMZ ist so über diese zwei Jahrhunderte betrachtet wohl auch zu einer Art „Brockhaus“ in allen Fragen der Sicherheitspolitik, Militärgeschichte, militärischen Technologie und des Militärischen „an sich“ geworden, in ihrer Vielfalt und Aussagekraft unerreicht, dokumentierend, analysierend und informierend.

Man bedenke nur die gewaltigen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und auch militärischen Veränderungen, die sich in diesen 200 Jahren in und für Österreich ergeben haben und damit auch für die österreichischen Streitkräfte, die Armee und die Offiziere aller Dienstgrade, zu deren Aus-, Weiter- und Fortbildung, zu deren geistiger Auseinandersetzung mit den wesentlichen Fragen des Militärs gerade diese Zeitschrift beitragen sollte und wohl auch beigetragen hat. Es erscheint daher von Interesse, diesem Bogen von Napoleon und der Kaiserzeit in Österreich bis in die Gegenwart der Republik Österreich als Mitglied der EU und nachhaltigem Akteur einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie Gesteller von Kontingenten im Rahmen multinationaler Operationen in weiten Teilen der Welt unter der Fahne der UNO, dem Zeichen der Solidarität im Rahmen der EU, aber auch in Kooperation mit der NATO als Beitrag einer nicht nur als Lippenbekenntnis verstandenen Partnerschaft für den Frieden zu folgen und dabei der Frage nachzugehen, wie sich diese ÖMZ all diesen Entwicklungen gestellt und angepasst hat, welche Beiträge für diese Entwicklungen geleistet wurden und wie sich die sicherlich oftmals auch kontroversiellen Auffassungen in den einzelnen Aussagen der Hefte widerspiegeln. Es war der Zeitschrift keine ununterbrochene Folge des Erscheinens beschieden; die ÖMZ konnte sich den Einflüssen eines Hofkriegsrates ebenso wenig entziehen wie den Auswirkungen der Revolution von 1848, dem Ende der Habsburger-Monarchie oder später dem Zugriff der Nationalsozialisten.

Aber immer war das ausdrückliche Bemühen ersichtlich, zumindest zur aktuellen, sachlichen Information auf der Grundlage einer möglichst weitgehenden wissenschaftlichen Bearbeitung und Betrachtung beizutragen. Das Bestreben zur Vermeidung tagespolitischer Polemik lässt sich durch diese 200 Jahre ihres Bestehens bei der ÖMZ eindeutig erkennen. Aber es gab auch Episoden des Aufflackerns überaus divergierender Meinungen und Auffassungen, mancher zwischen den Zeilen erkennbarer Kritik und - wie so oft in der österreichischen Militärgeschichte - manch gut gemeinten und wohlbegründeten Vorschlages zur Verbesserung, Anpassung, Weiterentwicklung, der jedoch ungehört verhallte oder als zu progressiv nicht das Wohlwollen altersbedingt eher in vergangenen Kategorien denkender Vorgesetzter und höherer Führungspersönlichkeiten fand. Die ÖMZ war durch diese zwei Jahrhunderte auch eine Art „Schreibschule“, denn zahlreiche Autoren haben es dann zu hohen und höchsten Positionen in der Armee, aber auch im zivilen Bereich gebracht. Die Fähigkeit zur intellektuellen Auseinandersetzung, Erarbeitung eines Themas und zur Formulierung der Gedanken und Argumente wurde hier schon „geübt“ oder später dann eben als Könner nachgewiesen.

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